Dutt-Watch

Robin Dutt musste einiges über sich ergehen lassen in den letzten Wochen. Erst die Medien, inzwischen auch die Fans und wie kolportiert wurde, auch die Anfeindungen der Spieler im Training. Er reagierte nicht immer souverän, wiegelte aber ab, dass es vor allem zwischen Team und ihm nicht stimme. Auch die Spieler ließen nur erahnen, was hinter den Kulissen so abgeht. Es sei nicht leicht für Dutt in Heynckes Fußstapfen zu treten und man müsse sich erst an den Trainer gewöhnen, so die üblichen Sätze in der Tagespresse.

In den letzten Tagen sah sich gar die Führungsetage genötigt dem Trainer sein Vertrauen auszusprechen. Worte, die erst fallen, wenn es um den Übungsleiter wirklich schlecht bestellt ist und die Medien ihn aus seinem Job schreiben wollen. Gestern war von all dem wenig zu sehen, wenn man wollte. Oder man wollte und dann sah doch wieder einiges. Alles eine Frage der Interpretation.

Was offensichtlich war, ist ein Team, das vollkommen verunsichert in die Champions League-Partie gegen Valencia ging. Kein Pass kam an, die Abwehr wirkte vollkommen desorientiert, das Mittelfeld lustlos und unkreativ, der eine armselige Stürmer hing in der Luft.

Dutt stand zunächst noch ruhig an der Seitenlinie, mit jedem Fehlpass verdüsterte sich seine Miene. Er wurde lauter, er ruderte mit den Armen, nach dem Gegentor winkte er ab. In schöner Regelmäßigkeit zitierte er Sidney Sam zu sich und faltete ihn zusammen, so dass hinter mir eine Frau schon Mitleid hatte: “Jetzt lass doch mal den armen Jungen in Ruhe” und ihr Mann ergänzte “Der Dutt gehört doch in die Zwangsjacke”.

Dutt marschierte weiter, auf und ab, hatte dann nach einem erneuten Patzer von Stefan Reinartz die Faxen dicke und beorderte Mitte von Hälfte Eins Manuel Friedrich zum warm machen. Aber Dutts Engagement wirkte. Er feuerte seine Leute an, jeder noch so kleine Ballgewinn wurde bejubelt und beschrien. Er wirkte ein wenig irr, aber ich hätte mich als Spieler mitreißen lassen. Denn das braucht es – einen Antreiber – und wenn er neben dem Platz steht.

Auf dem Feld gab es nur wenige, die Zeichen setzten. Der Kapitän hatte keine Binde am Arm. Ballack war der heimliche Führer auf dem Feld, kämpfte im Mittelfeld um Bälle und machte Druck auf die Defensive der Spanier. Lars Bender versuchte dahinter Löcher zu stopfen, wohingegen der eigentliche Kapitän müde, still und ängstlich wirkte. Bernd Leno wird wohl vermisst werden, wenn er denn im Winter gehen sollte. Einige feine Paraden verhinderten einen höheren Rückstand. Ein Knock-Out. Über ein 0:3 oder 0:4 hätte sich niemand beschweren dürfen in Leverkusen.

Aber es kam anders. Dutt hielt wohl eine inspierende Halbzeitrede. Die Spieler auf dem Platz zeigten die ominöse Reaktion. Erst erzielte Schürrle sehenswert das 1:1, kurz darauf schlenzte Sidney Sam noch sehenswerter den Ball zum Siegtreffer in die Maschen. Dutt hatte dies alles dirigiert. Wie ein Derwisch arbeitete er an der Seitenlinie und wer den Eindruck gewonnen hatte, dass die Spieler ihn nicht mögen würden oder der gestern viel gescholtene Sidney Sam nicht mehr mit ihm reden würde, der irrte. Sam flitze nach dem 2:1 zu Dutt, genauso wie der Rest der Mannschaft.

Dutt klopfte ihm auf den Schädel und flüsterte ihm wohl etwas ins Ohr, à la “Du kannst es doch” oder “Ich habs dir doch gesagt” oder “Wenn du deinen Arsch mal bewegst, dann wird das auch was!”

Nebenbei hatte Dutt dann auch noch Manuel Friedrich zur zweiten Hälfte eingewechselt. Und ich hätte nicht gedacht, dass ich mal so froh darüber sein würde. Friedrich war dermaßen sicher und ruhig, dass ich mich nur noch selten auf meiner roten Sitzschale verkrampfte. Der alte Mann und Spaßmacher, wie er allseits ins Mannschaftsgefüge eingeordnet wurde, zeigte, dass er noch was drauf hat. Er schien der verlängerte Arm von Dutt geworden zu sein.

Während Dutt in der ersten Hälfte nach jedem Abschlag noch seine Mannschaft zur Bewegung antrieb, gab Friedrich nun den Takt an. Ein Empfehlungsschreiben für den Sonntag gegen Schalke.

Nach der Champions League kommt nun die Bundesliga. Da dürfte es nicht ganz so euphorisch zugehen. Stabilität und Konstanz muss nun her. Drei Punkte wären auch schön. Vielleicht haben Dutt und die Mannschaft ja nun zueinander gefunden. Vielleicht brauchte es so einen Turning Point. Ich hoffe es!

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