TSG Hoffenheim, Teil 4

Montag Abend. Das Wochend-Spiel ist gesackt. Entgegen meiner üblichen Gewohnheiten keine flott-flott-Zusammenfassung noch am gleichen Tag, sondern noch mal einen Tag ins Land streichen lassen, die Zeitungen durchstreifen, der Konkurrenz zuhören und den mächtigen Fußballfunktionären lauschen.

Und was kommt dabei raus? Leverkusen wird Meister! Eigentlich etwas schade, diese Behauptung hier so im Spieltagfazit zu verballern, wo doch jedes Blog Schlagzeilen, wie der Boulevard braucht. Auf der anderen Seite sind viele Blogger vorsichtig, wollen nicht angreifbar sein. In Leverkusen ist heute Schluss damit. Leverkusen wird Meister. Das sagen nicht die Experten, die Zeitungen, das Fernsehen oder die Blogger. Nein – ich sage das.

Leverkusen wird zum ersten Mal in der Geschichte des Vereins die Schale in die Höhe recken. Es wird wahrscheinlich ähnlich schäbbich wie in Wolfsburg, so ganz ohne Balkon und Fans und was solls, dafür wird es in dieser Spielzeit allen Vizekusen-Rufern gezeigt. Was mich so sicher macht? Schwer zu sagen. Ich finde, man muss auch mal ein Statement abgeben. Eine gewisse Selbstsicherheit kann einfach nicht schaden und schließlich muss man ja auch dran glauben, wenn man was gewinnen will.

Erst einmal zurück zum Hoffenheim-Spiel. Mit einer erstaunlichen Selbstsicherheit und vielleicht auch leichter Arroganz ging die Werkself in die Partie. Drei Spiele in der Liga gegen die 1899er und drei Siege wurden verbucht. Warum nicht auch dieses Mal ein Sieg. Der Gegner scheint den Pillendrehern zu liegen. So kickten sich die Kadlecs, Hyypiäs, Barnettas, Friedrichs, Kießlings und Kroos’ den Ball zu, sahen arg gelangweilt aus und machten wenig.

Dann ein typisch hoher Ball auf Kießling aus der Defensive, der gefoult wird. Freistoß – Tor. So einfach geht es in dieser Spielzeit in Leverkusen. Ob nun Kroos oder Barnetta die Standards treten, der Ball findet seinen Abnehmer. Immer. Jedes Spiel. Ein Tor ist da fast schon sicher. Dieses Mal stand der Finne Hyypiä goldrichtig, dem Tormonster der Hinrunde 2008/2009 enteilend und dem ehemaligen DFB-Ersatzkeeper tunnelnd.

Bei Bayer lief sonst auch gar nichts zusammen. Sowohl Adler, der immer wieder auf die Position des DFB-Ersatzkeepers hinarbeitet, als auch Friedrich, der heute von Jogi Löw die Empfehlung für die Buchung eines Sommerurlaubs bekam, wollten zwingend die Hoffenheimer ins Spiel bringen, was jedoch nicht gelang. Die Rangnicker spielten irgendwie besser, aber jedoch ohne Selbstbewusstsein und Arroganz, die Bayer scheinbar gerade von Jupp Heynckes Vaterbrust eingeimpft bekommt.

Ein großes Lob an dieser Stelle übrigens an den Hoffenheimer Vukcevic, der eine der Großchancen übelst versemmelte, zuvor aber auch rot-reif von Arturo Vidal getackelt wurde, sich aufrappelte und neben das leere Tor schoß. Der Mann hätte sich einfach hinlegen können, Vidal wäre vom Platz geflogen und das Spiel wäre vielleicht anders ausgegangen. Wobei ich ehrlich gesagt bei Schiedsrichter Aytekin auch keinen erhobenen Vorteilsarm sah und Vidal kam auch ohne Karte in dieser Szene davon. Anscheinend bewertete der Referee die Situation anders.

In der Pause war man sich einig, ob nun Tobias Weis oder Rudi Völler, dass eine Führung der TSG nicht unverdient gewesen wäre – da Leverkusen aber Meister wird – so meine Interpretation – stattdessen in Halbzeit 2 einfach eine Schippe drauflegte und das Match mit 3:0 nach Hause schaukelte. Da sitzen dann plötzlich die Pässe im Mittelfeld wieder, vorne hilft der liebe Gott und das Glück (auch das braucht ein zukünftiger Meister), sowie ein paar torhungrige und talentierte, abschlussstarke, höchstens 25-Jahre alte Spieler. Dann braucht man weder eine funktionierende Abwehr, noch einen sicheren Keeper, soweit kommt der Gegner nämlich gar nicht mehr.

Und mit der Meisterfrage ist natürlich auch die Kroos-Frage geklärt. Denn wer will schon vom Meister zum Vizemeister wechseln? Ob Vertrag oder kein Vertrag, der Spieler hat doch auch Mitspracherecht – das hat selbst der neue Uli Hoeneß in München gesagt. Also wird Kroos nächste Saison so oder so Champions-League spielen.

Bei all der Lobhodelei wollen nicht vergessen, dass es auch ein paar Dinge, abseits des alten erfahrenen Trainers, der Premier-League-Legende in der Abwehr, die alle mitreisst, dem Supertalent, der auf einmal auch so spielt und dem 19-Tore-Sturmpaar, dass einen Patrick Helmes vergessen lässt, gibt! Tatsächlich.

Nochmal ganz sachlich. Solche Abwehr-Abspiel-Fehler als letzter Mann müssen nicht sein, weder von Friedrich, noch von Adler. Die Außenverteidiger schaffen es immer noch nicht bis zur Grundlinie durchzudringen. Daniel Schwaab, gestern mit einer besseren Partie, bringt inzwischen ein paar ordentliche Flanken vom Strafraumeck, bei Michal Kadlec hapert es leider noch selbst daran. Und was ist eigentlich mit Stefan Kießling los. Sechs Spiele ohne Tor kommt bei den besten Kloses und Gomez vor, aber der Franke erinnerte an einen Magneten, der den Ball vor allem in der Nähe des Tores abstößt.

Egal. Weil, wir werden ja Meister. Also so richtig. Von wegen Vizemeister, Meister der Herzen oder Einbruch in der Rückserie. Und das Ziel internationaler Pokal ist ja fast schon erreicht, oder will jemand behaupten, dass Bremen, Hoffenheim, Wolfsburg oder vielleicht gar Stuttgart noch unter die Top-5 geraten? 13 Punkte beträgt der Vorsprung auf Platz 6. Wenn das nicht sicher ist! Da kann man vier Mal verlieren und ist immer noch auf Rang 5. Pah.

Das Erfolgsrezept übrigens für alle Möchtegernmeister zum mitschreiben.

1. Alter erfahrener, aber auch geläuterter Trainer heuert nach Jahren der Abstinenz doch noch mal für länger, bei ambitionierten Jugendteam an.

2. Alter erfahrener Abwehrspieler, mit sehr viel Erfahrung und Führungsqualitäten auf dem Platz heuert ebenfalls bei ambitionierten Jugendteam an.

3. Junges erfolgloses Team als Grundkapital.

4. Noch ergänzen mit ein paar weiteren jungen Spielern.

5. Trainer impft bayrische Arroganz und Selbstbewusstsein in die Köpfe der Spieler. Impfstoff wird nun auch schon von Ratiopharm in Gelsenkirchen vertrieben.

6. Vertragsverlängerungen irgendwie geschickt über die Bühne bringen. So tun, als ob man jungen Spielern was bieten könnte.

7. Spieler bei Bayern München mit Talent ausleihen. Ein Jahr so tun, als ob das auch in Leverkusen nichts wird und dann das Talent wm-reif präsentieren.

8. Stammkräfte verletzt präsentieren, die eigentlich gar nicht verletzt sind, sondern nur schwächer sind als die Nachwuchsleute.

9. Später in der Saison, Ersatzbank mit Rekonvaleszenten präsentieren, die eigentlich Stammkräfte sind, die dann nicht einsetzen und damit Angst und Schrecken verbreiten.

10. Ein bisserl Technik, Taktik, ach was-weiß-ich. Wir werden Meister.

Danke für ihre Aufmerksamkeit.

PS. Ich bin ganz ohne Statistiken ausgekommen. Ich war einfach nur ein etwas überheblicher Fan in diesem Beitrag. Ich liebe Blogs.

PPS. Total unnötig, aber sicher ist sicher: Nur noch 4 Zu-Null-Spiele bis zum internationalen Wettbewerb.

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  1. Pingback: eingeNETzt 26/01/2010 | Spielfeldrand - Das Magazin

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