Vorschau: Borussia Dortmund – Bayer Leverkusen

Mit einem guten Gefühl dürfte die Werkself morgen nach Dortmund reisen. Eine super Vorbereitung hat man in der Türkei absolviert, alle Spieler sind mehr oder weniger fit, am Mittwoch gab es einen Sieg im DFB-Pokal gegen einen unangenehmen Gegner, die Leistungsträger bringen weiter ihre Leistung, da muss es nun heißen, drei Punkte aus dem Westfalenstadion mitzunehmen. Meinte zumindestens der Bruno auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den BVB. “Bruno, das Stadion heißt jetzt Signal-Iduna-Park”, wurde ihm dann noch zugerufen. “Ach so, auf jeden Fall super Stimmung im Stadion, wir wollen uns mit einem Sieg eine Freude machen.”

Da wir ja das Blog der internationalen Fanfreundschaft und das Blog zur Annäherung zwischen gegnerischen Fangruppen sind, habe ich mit zwei BVB-Anhängerinnen ein Interview geführt, wo wir einiges über die Atmosphäre im Stadion erfahren, über Nazis davor, Fahnenchoreographien, das Leben in Dortmund, Bier in Bochum und die Ran-Datenbank. Also los gehts.

Hi Britta, hi Yakyak,
die Fußballblogger-Welt ist in sich doch ziemlich geschlossen. Zeit mal jemanden von ganz weit außen zu holen. Britta, du bist Musikjournalistin und BVB-Fan. Yakyak ist DJane in einem Club in Münster. Stellt euch doch bitte selber einmal kurz vor.

Britta: Von ganz weit außen stimmt. Ich bin eigentlich nicht besonders fußballinteressiert, hatte in Münster aber auch nie Grund dazu. In Dortmund kann man sich der ganzen Sache kaum erwehren. Seit meinem Umzug gucke ich die meisten Spiele, erkenne z.B. Alex Frei in der U-Bahnwerbung und habe eine erste ungefähre Ahnung, wo “wir” so stehen.

Daniela: Im richtigen Leben heiße ich Daniela. Meine Freunde nennen mich Danimon. Ein lustiger Name, eine lange Geschichte…
Deswegen habe ich ihn sicher auch als DJ Namen gewählt. Was ich so mache… Ich studiere seit ein Paar Jahren (dehnbarer Begriff)
in Münster und beschäftige mich in meiner Freizeit eigentlich ausschließlich mit Musik. Ich engagiere mich im dortigen Gleis 22, organisiere dort in der Konzertinitiative Konzerte und kümmere mich um die Indieparty “*infectious grooves” am Samstag Abend. Wenn ich nicht im Gleis bin, bin ich im Internet unterwegs, wühle mich durch die Blogosphere auf der Suche nach dem nächsten Ohrwurm oder fahre durch die Weltgeschichte, um mir mal wieder irgendeine Band in Köln, Düsseldorf oder sonstwo anzuschauen.
Neuerdings bin ich auch wieder selbst unter die Blogger gegangen. Thema: Musik, was sonst. Mal sehen, wie lange ich diesmal durchhalte.
BVB Fan bin ich schon seit dem ich denken kann. Das wurde mir in die Wiege gelegt. Meine Mutter kommt aus dem Pott und ist
schon immer BVB Fan. Bei uns sind eher die Frauen fußballverrückt. Das hat mich geprägt. Sauerland und Ruhrgebiet, das ist alles ein Haufen.

Ist es tatsächlich so, dass man in Dortmund, alleine durch die Stadt und die Existenz des Vereins in die “Szene” gesogen wird oder was war für Euch der Auslöser Fan zu werden?

Britta: Das schöne ist ja, dass man hier gar nicht Teil einer Szene sein muss, um teilzuhaben. Die Spiele laufen in jeder Kneipe, an Spieltagen ist die ganze Stadt voller Fans und wenn ich das Fenster aufmache, höre ich das stadion bis nach Hause. Und Dortmund ist ja abseits der Fußballer auch nicht so reich an Prominenz, deshalb sind die Spieler auch in anderen Zusammenhängen überall auf Plakaten. Auch kulturell sind die Spiele ziemlich ohne Konkurrenz; richtig dicke Konzerte, Messen o.ä. finden woanders statt. Da ist es vor allem zu wärmeren Jahreszeiten das netteste, sich in den nächsten Biergarten mit Leinwand zu setzen und mitzugucken. Außerdem macht so ein großer Verein mit schickem Stadion und ordentlich Kohle einfach viel mehr Spaß als z.B. die fisseligen Preußen.

Heißt BVB-Fan zu sein für euch auch, samstags die Kutte überwerfen und ins Stadion zu pilgern?

Britta: Bisher habe ich kein einziges Stück Merchandising, auch wenn ich von dem ganzen Kram, den es in den Fanshops gibt, extrem beeindruckt bin. Ich gebe mir aber zumindest Mühe, nicht in den Farben des jeweiligen Gegners rumzulaufen. Bisher war ich nur einmal im Stadion, gerade beim Pokalspiel gegen Werder Bremen, darauf hab ich jetzt öfter mal Lust, auch wenn es ja nicht so super ausgegangen ist.

Daniela: Früher war ich öfter im Stadion. Als ich noch im Sauerland lebte und mein Wochenende durch spannende Freizeitaktivitäten aufwerten musste. Wir hatten zwar schon sehr früh PayTV zuhause, aber spielte damals selbst noch Fußball (bis 15, glaub ich) und stand um 15:30 Uhr auf dem Rasen. Fußball war dann eher so Sportschau oder ran. Die gute alte ran Datenbank, wer kennt sie nicht? Aktuell verfolge ich die Spiele entweder mit Freunden auf Premiere oder im Internet. Mir fehlt einfach die Zeit immer nach Dortmund zu pilgern, obwohl es ja quasi um die Ecke ist. Gegen Köln werde ich aber auf jeden Fall ins Stadion gehen. In neongelb selbstverständlich. ;)


W
as macht den Reiz im Stadion aus?

Britta: Puh. Die Größe vor allem, der Blick auf die Südwand, diese extrem seltsamen Rituale und Lieder. Die Stimmung natürlich. Die unfassbare Lautstärke, die man vor dem Fernseher immer vergisst. Natürlich erkennt man so ein Spiel nachher auf dem Bildschirm größtenteils kaum wieder, man sieht vor Ort ja das wenigste genau, aber man ist eben dabei.

Daniela: Ich habe ja die diversen Bauabschnitte mitbekommen. Damals, als noch 42800 reinpassten, war das teilweise rattenkalt und windig. Vor allem im Winter. Wenn man von Reiz in Kombination mit Stadion sprechen darf, dann auch nur Westfalenstadion. Es ist für mich einfach eine ganz besondere Atmosphäre. Jeder Fußballfan sollte einmal dort gewesen sein. Für mich ist es DIE Fußball Arena. Ein Stadionbesuch ist einfach viel mehr als nur das Spiel. Das ganze drumrum. Erst Leute vor dem Stadion treffen, Bierchen trinken,  Bratwurst essen. Bierchen trinken, Bretzel essen, Spiel anschauen, Bierchen trinken. Ich muss wieder ins Stadion. Schnell.

Britta, als relativ unbedarfte Person im Stadion, ist dir auch etwas negativ aufgefallen?

Britta: Was natürlich immer mitschwingt, solange man nicht gerade auf St. Pauli ist, sind die Nazis. Auch wenn sie nicht ins Stadion kommen, sieht man außerhalb in schwarz-gelben Mengen immer auch Leute mit Thor-Steinar-Jacken. Und die 100-Jahrfeierlichkeiten, die es gestern vor dem Spiel gab, mit Fahnenträgern und erhobenen Händen, sind an sich auch nicht weit genug entfernt von rechten Ritualen. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Veranstalter noch nicht deutlich genug gegen rechte, sonstwie aggressive und stark Betrunkene Leute stellen. Richtige Ausschreitungen sind wohl selten, aber es ist schon oft nah dran, zu kippen.

Britta, du bist Musikjournalistin. Daniela, du legst Musik auf. Was sagt ihr zur Beschallung im Stadion? Haben die Gesänge des BVB-Anhangs Hitcharakter?

Britta: Oh mein Gott, nein. Ich habe keine Ahnung, wie man das z.t. mehrfach wöchentlich aushält. Aber natürlich geht es dabei darum, dass jeder, egal in welchem Zustand, noch mitsingen kann, und das funktioniert offensichtlich hervorragend. Das einzige, was mich wirklich unglaublich nervt, ist das White-Stripes-Gegröhle, das nicht mal einen Text hat.

Daniela: Leuuuuuchte aaaaaauuuuf meeeeeein steeeeeernnnn booooooooorrrruuuuuuusssssiiiiaaaaaaah. Na logo!

Der BVB steht auf Rang 6 in der Tabelle, Samstag geht es gegen den Tabellennachbarn und direkten Konkurrenten um die internationalen Plätze. Leverkusen. Was meint ihr, wie das Spiel ausgeht? Was ist von den Dortmundern überhaupt noch diese Saison zu erwarten? Was verbindet ihr mit Leverkusen?

Britta: Mit Leverkusen verbinde ich nicht besonders viel, aber nach dem eher lahmen Start am Mittwoch hoffe ich eher, als dass ich viel erwarte. Vielleicht kommt jetzt doch wieder ein bisschen mehr Schwung rein, das wäre vor allem eine Woche später gegen die Bayern schön.

Und dein Tipp für das Spiel?

Britta: Hm. 2:0.

Daniela: Der BVB steht auf Rang 6. Damit hatte ich selbst nicht gerechnet. Ich sage zu Saisonbeginn immer “Dortmund wird Meister, Schalke steigt ab und Hoeneß hört endlich auf”.
Aber das ist mehr so mein Zynismus, den ich in den letzten Jahren bei jeweils unsinnigen Tabellensituationen entwickelt habe. Insgeheim freute ich mich über den Strohhalmcup, wenn Schalke nicht Meister wurde und wenn der Hoeneß prozentual weniger Fernsehinterviews mit Rolf Töpperwien führte. Was ich mit Leverkusen verbinde? Eigentlich mehr als ich zugeben möchte. Meine beste Freundin aus Kindheitstagen ist Leverkusen Fan und ich hatte immer das Gefühl, sie sei die Einzige. Das widerlegst du ja jetzt. Deswegen bin ich seit sehr lange nicht wirklich Leverkusen Fan. Ich bin sogar mit ihr mal ins Ruhrstadion gefahren, um mit ihr Bochum gegen Leverkusen anzuschauen. Es ist 2:2 ausgegangen und das Bier war okay, An mehr kann ich mich nicht erinnern. ;)
Warum ich Leverkusen nicht mag? Das liegt zum einen an einer leichten FC Affinität und zweitens habe ich nie etwas positives mit Leverkusen verbinden können. Höchstens Rainer Calmund oder Rudi Völler. Und dann war da am Ende auch noch Michael Skibbe. Egal, was er mit der Jugendabteilung des BVB geschafft hat, als Trainer der Profis mochte ich ihn nie. Klopp ist nach Hitzfeld und Sammer der erste Trainer, der wirklich was schaffen kann.
Hoffentlich hält die Klopp-Hysterie auch noch in der Rückrunde. Ist natürlich klar, dass ein Sieg gegen die Pillendreher von Nöten ist. Ich wünsche mir ein 2:1 und Florian Kringe macht ein Gewaltschußtor aus 21 Metern direkt unter die Latte und Subotic mit dem Kopf nach Ecke Frei.
Den Anschlußtreffer macht äh, Ulf Kirsten. Pahahhaha. Nein, Scherz beiseite (ach nee, der spielt beim FC). Helmes macht das Anschlußtor
.

Britta, du schreibst in deinem Blog von deiner ersten Erfahrungen im Stadion zu denen auch gruselige Fahnenrituale und Asichöre gehören. Du beschreibst das ganze als durchinszenierte Großveranstaltung, ähnlich wie z.B. Hundeschauen. Das hört sich eigentlich schlimm an, trotzdem packt es einen. Woran liegt das?

Britta: Ich glaube, auch Hundeschauen können super sein, wenn sie gut gemacht sind. Überhaupt ist jede Sportart ab einem gewissen Level spannend. Alles, was man sonst nur oder auch im Fernsehen sieht, hat was. Das fette Stadion ist beeindruckend. Und die meisten Leute sind ja auch keine Asis, sondern nett und gemeinsam sehr gut drauf. Und es macht Spaß, sich zumindest ein bisschen auf etwas einzulassen, das man eigentlich aus halbwegs kritischer Distanz sieht. 80.000 Leute können zwar irren oder wenigstens etwas übertreiben, aber es ist extrem amüsant, ihnen dabei zuzugucken. So als wenn 100.000 Kiddies nach Rihanna kreischen. Und plötzlich hat man selbst einen Ohrwurm.

Da du ja jetzt mit dem BVB-Virus infiziert bist, stellt sich die Frage, ob du dich jetzt speziell informierst? Schaust du beispielsweise in BVB-Blogs, Fanzines, etc., oder bist du jetzt öfter in der Kneipe, schaust die Sportschau oder besorgst dir den Kicker?

Britta: Das meiste, also vor allem Spielerwechsel mitsamt der dazugehörigen Geschichten oder natürlich Ergebnisse, erfahre ich aus dem Internet. Wenn ich es da mal verpassen sollte, informieren mich spätestens die kostenlosen Wochenendzeitungen auf dem Titel drüber. In Foren habe ich eher nachgeguckt, auf welchen Plätzen man im Stadion weder umgerannt, noch versehentlich für Fans der anderen gehalten wird. Die Sportschau gucke ich sporadisch, manchmal auch das Sportstudio oder demnächst dann eben wieder Ran, falls daraus was wird. Fußballzeitschriften finde ich furchtbar, da höre ich lieber Radio oder lese für die ganz wichtigen Hintergrundstories die Bild. Aber wie schon gesagt, man kommt hier eh nicht drum herum.

Vielen Dank für das Interview!! Beide Mädels betreiben auch ein Blog. Britta hier und Daniela dort!

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