Überall Lobeshymnen auf Bayer Leverkusen, aber auch auf Kapitän Simon Rolfes. Nicht nur der empfiehlt sich für die Nationalmannschaft, sondern auch Stefan Kießling, den Hansi Flick beobachtete und Kevin Kuranyis Platz einnehmen könnte.
Steter Tropfen aber höhlt den Stein. Leverkusen blieb auch nach dem Wechsel bei seiner Spielphilosophie und erhöhte den Druck. Kießling vergab die erste Chance (50.), als er einen Nachschuss um Zentimeter neben das Tor setzte.
Wenn Spielkunst allein aber nicht reicht, hilft manchmal die Brechstange oder eine Standardsituation oder beides: Barnetta traf nach 57 Minuten mit seinem Flachschuss aus 20 Metern unhaltbar zur 1:0-Führung, Kießling erhöhte acht Minuten später per Kopf nach einem Eckball auf 2:0. (FAZ)
Leverkusens Arena ist seit Monaten schon eine riesige Baustelle. Überall stehen Kräne und Betongerüste, es wird heftig geackert. Fast täglich ändert das Stadion sein Aussehen. Gestern Abend wurden Zuschauer gesichtet, die sich dem Ambiente anpassten und rote Bauhelme trugen. Hatten sie womöglich Angst, dass ihnen etwas Kopf fallen könnte? Oder war es einfach ein kleiner Spaß? Letzteres war wohl der Fall. Bayer 04 Leverkusen hatte in der gestrigen Bundesliga-Partie gegen den VfL Wolfsburg auf jeden Fall wieder einmal einigen Spaß. Ein hartes Stück Arbeit musste die junge Mannschaft von Trainer Bruno Labbadia am Freitagabend leisten. Sie wurde belohnt und siegte am Ende verdient 2:0 (0:0). Die Leverkusener kletterten somit wieder auf Tabellenplatz eins, von dem sie Hoffenheim am Samstag aber wieder verdrängen. (Tagesspiegel)
Ob sein Leverkusener Kollege die auch hingekriegt hat, weiß man nicht. Bruno Labbadia wird von Spielern und Klubmitarbeitern übereinstimmend als “besessen” geschildert, wobei sich die Besessenheit glücklicherweise auf seinen Arbeitseifer und seinen Ehrgeiz bezieht. Dieser Ehrgeiz hat wieder eine kräftige Ermutigung erfahren, denn Bayer 04 hat zum vierten Mal hintereinander 2:0 gewonnen. Mit Bayer müssen die Titelanwärter aus München, Schalke oder Hamburg rechnen, glaubt Magath: “Wenn sie so weitermachen, dann bleiben sie auch da oben.” Er selbst begnügt sich gern mit Platz fünf, dem Jahresziel. (SZ)
Die 110 ist eine Zahl, die nur im Notfall in Anspruch genommen werden sollte. Einbruch, Explosion, Überfall – 110, und Hilfe naht. Bei Bayer 04 Leverkusen steht 110 für etwas anderes. Das ist die Zahl der Bundesligaspiele, die Simon Rolfes ohne Unterbrechung für Bayer 04 Leverkusen absolviert hat. Eines besser als das andere. Aber selten gab es solch ein perfektes wie am elften Spieltag dieser Saison gegen Wolfsburg. Drohte von diesem starken Gegner im Mittelfeld Einbruch, Explosion, Überfall, war Rolfes da, stahl ihm den Ball, entlastete die Abwehr.
Aber der Kapitän machte noch mehr. Er lenkt ja auch stets das eigene Spiel, schiebt es mal nach links, mal nach rechts, treibt es durch die Mitte. So hat er eine am Rande der Perfektion harmonierende Mannschaft zu vier 2:0-Siegen in Serie geführt. Aber der Fußballer Simon Rolfes hat auch ein Problem. Durch die Leistungen, die er seit Wochen, Monaten, ja Jahren zeigt, müsste dieser Profi einen Stammplatz in der Nationalmannschaft besitzen und in der Hierarchie vor Torsten Frings und Thomas Hitzlsperger stehen. (FR)Insbesondere seinem Kapitän wünscht Labbadia das allerbeste. Simon Rolfes spielt seit Wochen auf höchstem Niveau – zu gut aus des Trainers Sicht, um wie bisher im DFB-Team hinter Akteuren wie Thomas Hitzlsperger oder Torsten Frings die dritte Geige zu spielen. „Simon ist für uns enorm wichtig, was das Strategische angeht. Er ist der Kopf und mehr als berechtigt, in der Nationalmannschaft zu spielen“, formulierte Labbadia ungewöhnlich forsch internationale Ansprüche für seine ordnende Hand im Mittelfeld.
Rolfes selbst fokussierte sich lieber – ganz der Käptn – auf das, was für die Bayer-Mannschaft noch geht. „Wir wollen ganz oben mitmischen. Da sind wir jetzt – und da wollen wir bleiben.“ (KR)
Dafür spricht viel. Bayer in diesem Herbst – das ist ein Muster an Beständigkeit auch in den Resultaten. In Frankfurt, gegen Köln, in Bremen, gegen Wolfsburg, alle Spiele mit 2:0 gewonnen und mit viel Geduld, mit Stabilität in der Defensive und Beharrungsvermögen im Angriff. Auch der Erfolg gegen den ambitionierten VfL kam nicht daher mit Effekthascherei und Knalleffekten. Im Open-air-Kino BayArena werden gegenwärtig eher Dokumentarfilme geboten, welche die diversen Entwicklungsstufen eines Ensembles nachzeichnen, als pompöse Streifen mit großer Ausstattung.
„Aber auch das macht Spaß“, bekräftigte Simon Rolfes, der mobile Inbegriff für strategische Qualität mit starker Tendenz zu einem festen Platz im Nationalteam. Denn vor der Erfolgsserie stand ein 0:1 gegen Berlin. „Wir haben daraus gelernt, immer Ruhe zu bewahren und nicht in Konter zu laufen“, erläuterten Kapitän Rolfes und Bruno Labbadia im fast gleichen Wortlaut. Der sehr systematisch arbeitende Fußballlehrer will jetzt nur noch das Bewusstsein bei den Fans dafür wecken, dass es bei Besuchen keine Garantie auf dauernden Hurra-Fußball gibt. „Wir dürfen uns von der äußeren Unruhe nicht anstecken lassen, wenn uns kein frühes Tor gelingt“, bekräftigte er. (RP)