Ich kann mich noch an Fahrten mitten in der Nacht Richtung Osten erinnern. Ganz schemenhaft. Die Grenze. Kontrollen, bei denen das ganze Auto auseinander genommen wurde. Trabbis. Dampflokomotiven. Den beißenden Kohlegeruch in den Städten. Rote Brause. Seltene Telefonate. Das Drüben. Und irgendwann kam die Nachricht, dass wir einfach so Richtung Osten fahren dürfen. Ohne Kontrolle. Zu unserer Verwandtschaft. Verrückt. Zwanzig Jahre ist die Deutsche Einheit nun schon her und die wenigsten können sich noch vorstellen wie das war, als Deutschland aus zwei Hälften bestand. Berlin ebenfalls. 13 Jahre war ich da alt, aber eine große Erinnerung habe ich nicht an diesen Tag oder an den Mauerfall.
Auch damals war ich schon Leverkusen-Fan. Während meine Cousins aus dem Osten eher Fans von Bayern München waren, musste ich mich damals für meine Nähe zu diesem Chemieclub rechtfertigen. Die Bundesliga-Saison 1990/91 – die Saison der Einheit – war eine verrückte Saison. Nicht Bayern München, Bremen oder der damals noch gute FC Köln wurden Meister. Nein der Schrecken aus der Pfalz stand am Ende der Spielzeit ganz oben. Der 1.FC Kaiserslautern schaffte ein kleines Wunder und wurde deutscher Meister. Da spielten noch Gerry Ehrmann, Miroslav Kadlec, Axel Roos und Bruno Labbadia bei den roten Teufeln. Es war noch kein Meister des geeinten Landes, aber der erste Bundesliga-Meister nach der Wiedervereinigung. Und Bayer?
Bayer stand irgendwo zwischen den einzigen großen Erfolgen der Vereinsgeschichte. Dem UEFA-Cup-Sieg 1988 und dem DFB-Pokal-Erfolg 1993. Und dennoch war dieses Jahr ein besonderes für die Geschichte des Vereins, denn Reiner Calmund sah die Chance der Einheit und verpflichtete Ulf Kirsten. Direkt nach dem Mauerfall hatte er schon Andreas Thom nach Leverkusen geschleust und verpflichtet. Kirsten traf gleich im ersten Spiel gegen den FC Bayern München und wurde letztlich Bayers erfolgreichster Stürmer aller Zeiten.
Trotz Kirsten wurde die Werkself damals nur 8. am Ende der Saison. Kein Europapokal, was dazu führte das Coach Reinhard Saftig vorzeitig die Koffer packen musste. Der heutige Co-Trainer Peter Herrmann übernahm die Mannschaft bis zum Saisonende. Die Saison der Wiedervereinigung.
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