Inzwischen gute alte Tradition sind die von Catenaccio ausgestellten Winterzeugnisse für die Bayer-04-Akteure. Im ersten Winter gab es noch für jeden Spieler ein eigenes Zeugnis, letzte Saison gab es ein Gesamtzeugnis, um das ganze ein bisschen zu straffen. Alle Winterzeugnisse gibt es unter dem entsprechenden Tag.
Tor:
Rene Adler: Eine wichtige Saison für den Nummer-1-Keeper der Leverkusener, den jüngst traten erste Gerüchte auf den Plan, dass Manchester United Interesse an Adler habe. Adler, seines Zeichens ehemaliger Nummer-1-Keeper des DFBs hatte gerade diesen Posten aufgrund eines Rippenbruchs vor der WM verloren und hatte sowieso eine durchwachsene Saison 2009/2010 gespielt. Nun klopft Adlers Lieblingsverein an und da heißt es sich empfehlen, wenn es schon in der Nationalelf nicht klappt. Schließlich sind die Plätze bei Topclubs in Europa im Tor spärlich gesäht. Adler spielte solide mit einige Ausreißern nach Oben und Unten, jedoch nie mit den ganz derben Patzern, wie noch in den letzten Spielzeiten. Speziell in den Pokalwettbewerben zeigte er seine Klasse. Gegen Gladbach hielt Adler Bayer überhaupt im Spiel, eine ähnliche gute Leistung zeigte er beim 1:0 zuhause gegen Saloniki in der Europa League. Insgesamt ein echter Rückhalt, der wohl früher oder später den Verein verlassen wird. Schwächen bleiben weiterhin hohe Bälle und die Strafraumbeherrschung, wenn auch nicht mehr ganz so gravierend wie noch in den Monaten vor der WM.
Fabian Giefer: Giefer könnte früher oder später der Nutznießer des Adler-Abgangs sein und damit könnten sich wohl alle Beteiligten anfreunden. Giefer durfte in der Bundesliga ein Mal ran und spielte 2:2 gegen Freiburg. Ein solides, aber kein herausragendes Match. Hinzu kamen noch zwei ordentliche Auftritte in Trondheim und gegen Madrid, was wohl sein bester Auftritt im Bayerdress in dieser Saison war.
Abwehr:
Gonzalo Castro: Castro war zwischen dem 3. und dem 12. Spieltag verletzt. Ein Muskelfaserriss im Oberschenkel setzte den erst 23-Jährigen ausser Gefecht. Und da liegt auch schon das Problem des Mannes, der seit Jahren als großen Hoffnung auf der Außenverteidigerposition gilt, dies aber oft wegen Verletzungen nicht umsetzen kann. Zu seinen Stärken gehören die Vielseitigkeit – ähnlich wie bei Philipp Lahm, kann er links wie rechts spielen und hat einen fantastischen Schuss. In den nur neun Spielen der Hinrunde, die er bestritt wechselten sich gute mit schlechten Leistungen ab. Hinzu kamen drei gelbe Karten, was wohl früher oder später zu einer Gelbsperre führen wird.
Manuel Friedrich: Blickt man in die Kicker-Noten von Manuel Friedrich so offenbart sich beim ehemaligen Mainzer zunächst das Grauen. In schöner Regelmäßigkeit wechseln sich 4er und 5er ab – erst ab Mitte der Hinrunde stabilisiert sich das Ganze. Zum Ende könnte man fast sagen, dass er in die Kategorie Leistungsträger fiel. Eine erstaunliche Wandlung, die wohl auch auf Jupp Heynckes zurück zu führen ist, der den 31-Jährigen zwischenzeitlich beiseite nahm und ihm verklickerte, dass es so nicht weiter geht. Friedrich biss die Zähne zusammen und zeigte Leistung. Groß. Wenn er jetzt bei den Standards auch mal das Tor treffen würde.
Sami Hyypiä: Man gewöhnt sich ja daran, dass man langsam alt wird. Dass es kaum Spieler gibt, die in der Bundesliga spielen und noch älter sind als man selbst. Aber es gibt sie. Hyypiä gehört dazu. Die Legende bringt weiter Leistung, auch wenn der Körper hin und wieder zwackt. 11 Spiele absolviert er in der Liga, aber wenn er auf dem Platz steht, strahlt er Ruhe aus, er verteilt die Bälle gewissenhaft. In dunklen Stunden können die Jungen zu ihm aufblicken. Nicht so dominierend wie noch in der letzten Spielzeit, aber immer da, wenn man ihn braucht (Das Gladbach-Spiel vergessen wir einfach mal).
Michal Kadlec: Etwas überraschend stellte ich fest, dass Kadlec fast alle Spiele in der Hinrunde mitgemacht hat. Ein einziges Mal fehlte er in der Liga, zwei Mal in der Euroleague. Dafür, dass er eigentlich nicht die Leistungen zeigt, die für die erste Elf reichen sollten, beeindruckend. Der Tscheche steht oft zu hoch oder zu tief, das Gefühl für die beste Position fehlt noch. Eine Flanke von der Grundlinie ist in dieser Spielzeit noch nicht zu besichtigen gewesen, aus dem Halbfeld kommen sie mehr schlecht, als recht. Gegen den BVB wird er aufgrund einer Sperre fehlen. Zeit für Heynckes mal was Neues zu probieren.
Stefan Reinartz: Etwas überraschend kam vor der Saison der Hinweis vom Trainer, dass Stefan Reinartz eine Einsatzgarantie habe. Und so kam es dann auch. In der Bundesliga gab es einen Fehltermin, ebenso wie in der Euroleague, sonst stand er immer auf dem Platz. Zumindest physisch. Reinartz pendelt derzeit noch zwischen der 6er- und der Innenverteidiger-Position. Auch wenn allseits gesagt wird, dass die IV-Position seine Position ist, hat er hier noch einiges zu lernen. Ein Fehler, der auf der 6er-Position noch ausgebügelt werden kann, kann auf der IV-Position schon zum Tor führen. Da schwamm Reinartz doch desöfteren mal.
Daniel Schwaab: Für mich einer der Spieler, die sich am besten entwickelt haben. Schade, dass er nicht die entsprechende Einsatzzeit bekommen hat. Inzwischen auch passabel auf der IV-Position, spielt er eine arg unterschätzte Rolle auf der AV-Position. Ballsicher, dribbelstark und inzwischen auch bei Flanken besser. Schwaab gehört zu den Spielern mit den meisten Ballkontakten, wenn er auf dem Platz steht. Nicht ohne Grund. Verbesserungspotenzial auch hier im Stellungsspiel, wie auf der gegenüberliegenden AV-Position und beim Flanken. Aber es wird.
Domagoj Vida: Viel war von ihm nicht zu sehen. Kein Einsatz in der Bundesliga, dafür vier in der Euroleague, die eher unterer Durchschnitt waren. Eine weitere Winterpause und ein paar Kurzeinsätze werden ihm gut tun. Potenzial ist auf jeden Fall zu sehen.
Mittelfeld:
Hanno Balitsch: 14 Spiele. 10 Einwechslungen. Dafür wurde er geholt und diese Rolle füllt er perfekt aus. Bissig, zweikampfstark – ein Fighter, der entweder dem Gegner den Schneid abkaufen soll, das Spiel beruhigen oder antreiben soll. Wenn er von Beginn an aufläuft, ein solider 6er, speziell im Spiel nach Hinten. Ein nicht zu unterschätzender Spieler im System des Jupp Heynckes.
Michael Ballack: Ein trauriges Jahr für Ballack. WM verpasst, ent-capitanot und dann direkt wieder verletzt. Drei Spiele machte er für Bayer. Ohne groß aufzufallen. Er wird es in der Rückrunde schwer haben.
Tranquillo Barnetta: In Leverkusen haben die Flügelspieler in der Regel das Problem, dass sie entweder brillant spielen oder kaum auffallen, weil ihr Gegenüber eine famose Partie abliefert. So auch Barnetta. Große Spiele wechseln sich mit nicht so großen ab. Die Leistungsabfälle sind aber nicht so groß, wie schon die Spielzeiten zuvor, speziell deshalb weil er die taktische Linie hält und im Zweifelsfall weiter nach hinten arbeitet, wenn es vorne dann auch mal nicht so gut läuft. Da können die jungen Wilden im äußeren Bayer-Mittelfeld noch was lernen.
Lars Bender: Er spielt noch die ganz große Rolle, wie sein Bruder in Dortmund, dennoch deutet er immer wieder gute Leistungen an. Im defensiven Mittelfeld solide, wenn noch nicht mit der Übersicht, der übrigen 6er im Leverkusener Auffangbecken für defensive Mittelfeldspieler. In der Euroleague mit sehr guten Leistungen gegen Trondheim zwei Mal und gegen Atletico daheim.
Burak Kaplan: Ein kleiner Stern ging dann letzte Saison im Leverkusener Mittelfeld auf. Burak Kaplan spielte vier Mal und sammelte vier Scorerpunkte. Diese Saison spielte er kein Mal in der Liga und in den vier Spielen der Euroleague konnte er sich nicht empfehlen für weitere Einsätze. Beim Überangebot im Leverkusener Mittelfeld könnte für ihn, früher oder später ein Leihgeschäft in die zweite Liga in Frage kommen.
Renato Augusto: Aus der Kategorie: “Ewiges Talent, ewig verletzt” entsprang diese Spielzeit zumindest teilweise der Brasilianer. Zur Mitte der Hinrunde nochmal mit Knieproblemen, danach aber mit sich stabilisierenden Leistungen. Famoses Ausrufezeichen im Spiel gegen Hamburg. Zwei Tore, davon eins mit Zuckerguss und ein weiteres vorbereitet (die offizielle Statistik spricht von einem Eigentor Frank Rosts). Stichwort Leistungsschwankungen: Siehe Barnetta, Tranquillo.
Simon Rolfes: Der Spieler, der wohl am schmerzlichsten in der letzten Spielzeit vermisst wurde. Man unkt, dass zumindest die Champions League-Quali mit ihm möglich gewesen wäre. Diese Saison ab Spieltag 5 mit Kurzeinsätzen, ab Spieltag 11 wieder eine feste Größe im defensiven Mittelfeld. Wenn er auf dem Platz steht, ist Ruhe im Karton. Wenn er noch im Aufbau und in der Verteilung leichte Probleme hat, so scheint er doch mit seiner Präsenz die anderen Spieler zu führen. Das Spiel der bisherigen Spielzeit machte er in Wolfsburg. Beim Stand von 0:2 eingewechselt, drehte er mit Bayer das Match, traf zwei Mal u.a. zum 3:2.
Sidney Sam: Dass der kleine Mann aus Kaiserslautern gleich so einschlägt, hätten wohl die wenigsten gedacht. 14 Scorerpunkte sammelte er in 20 Pflichtspielen, davon unter anderem das Tor des Monats gegen den 1.FC Kaiserslautern. Sam lebt von seiner Schnelligkeit, mit Ball, ohne Ball, während des Dribblings, jedoch noch nicht von seiner taktischen Disziplin. Da ist sicherlich noch dran zu arbeiten. Speziell nach vorne, wäre der Blick für den Mitspieler manchmal sinnvoller. Nicht umsonst sammelte er nur einen Assistpunkt in der Bundesliga. HSV-Fans fragen sich noch heute, was wohl damals im HSV-Internat so schlimm war, dass man ihn dieses Jahr für nur 2 Millionen verscherbelte.
Arturo Vidal: Ohne Worte. Der Chilene hat eine fabulöse Wendung unter Jupp Heynckes genommen. Als einziger Bayer-Spieler in allen 17 Bundesliga-Spielen dabei. 8 Tore. 6 Assists. Hinzu kommen 2 DFB-Pokal-Spiele mit einem Tor und vier Euroleague-Spiele, mit dem enorm wichtigen Last-Minute-Siegtreffer gegen Aris Saloniki. 23 Spiele. Und das beste. Nur zwei gelbe Karten!
Sturm:
Eren Derdiyok: 8 Spiele im sowieso schon etwas untertoreversorgten Bayersturm ohne Treffer. Eren Derdiyok befindet sich im Leistungsloch. Das Spielsystem kam ihm nicht zuletzt nicht entgegen. Zu oft geht der Schweizer ins Mittelfeld um sich im Ein-Mann-Sturm-System die Bälle zu holen, da fehlte dann oft der Sturmpartner. In der Rückrunde darf man gespannt sein, wie oft Heynckes wieder das 4-4-2 spielen lässt und ob Derdiyok dann ran darf.
Patrick Helmes: 18 Spiele. 12 Tore. Hört sich erstmal gut an, aber für Helmes nicht das Optimum. Zu wenig Einsatzzeit, was laut Heynckes an zu wenig Einsatz lag. Wo es mit Helmes hingeht, hängt vom System ab. Im 4-5-1 wird er, wenn Kießling fit ist, nicht spielen dürfen. Auch wenn die Laufbereitschaft zuletzt nach oben ging, ist er ein Strafraumstürmer und keiner, der durch viele Aktionen außerhalb dieses Bereichs auffällt.
Nicolai Jörgensen: Im 4-5-1 oft im Mittelfeld eingesetzt, dass aber zu gut und zu effektiv für den dänischen Zweitligaspieler war. Ab Mitte der Saison kaum noch Matches, dafür Einsatzzeit, aber wenig empfehlenswertes in der Euroleague. Noch einiges an Entwicklungspotenzial.
Stefan Kießling: Am 4.Spieltag mit Syndesmosebandriss. Am 17.Spieltag wieder gekommen und gleich wieder der Alte. Bälle im Mittelfeld erobern, ablegen, nach vorne arbeiten, laufen, vorbereiten. Hoffnungsträger für den Bayer-Sturm.
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