Die englische Woche

Kaum schreitet das Jahr dem Ende entgegen, hört man allen Ecken und Enden, dass die Belastung hoch sei und man so viele Spiele zu absolvieren habe. Tim Wiese erklärte nach dem Werder Bremen unter der Woche in der Europa League antrat und am Sonntag nur Unentschieden gegen den BVB spielte, dass man jetzt quasi frei hätte bei der Nationalmannschaft. Rene Adler sprach die Woche zuvor davon, dass man gegen Schalke ab der 70.Minute einfach platt gewesen sei. Ein Spiel unter der Woche konnte die Werkself allerdings im Gegenteil zum Gegner nicht vorweisen, der wie wir alle wissen in den letzten 10 Minuten einen 2-Tore-Rückstand egalisierte.

Die englische Woche muss herhalten, wenn es nicht läuft, die Spieler ideenlos über den Platz traben, ab der 60. Minute jegliche Laufbereitschaft vermissen lassen und nach dem Spiel so aussehen, als ob sie einen Ironman absolviert hätten. Was hat es eigentlich mit dieser ominösen englischen Woche auf sich und wer hat überhaupt Recht sich zu beklagen?

Die englische Woche gibt es in England eigentlich gar nicht. Dort gibt es nur die “Three-game-week”, resultierend aus 20 Mannschaften in der Liga und damit verbundenen 38 Spielen pro Team, sowie zwei verschiedenen nationalen Pokalwettbewerben. Drei Spiele in der Woche waren also dort an der Tagesordnung, so dass man nach und nach, als es zu einer Vervielfachung der Spiele in Deutschland und dem restlichen europäischen Ausland kam, der Einfachheit halber von einer englischen Woche sprach. Heute sind für Spitzenteams die drei Spiele pro Woche die Regel, denn auch europäische Wettbewerbe stehen noch auf dem Programm und wurden im Laufe der Jahre immer mehr erweitert.

Werfen wir mal einen Blick auf die Top-5 der aktuellen Bundesligatabelle bis zur Winterpause:

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Bayer Leverkusen, Werder Bremen, der Hamburger SV, Schalke 04 und der VfL Wolfsburg stehen da ganz oben und sind Sinnbild für ganz unterschiedliche Spielpläne. (Zur Erläuterung; Grün = Pokal, Rot = Bundesliga, Blau = Europa oder Champions League – Die großen Lücken entstanden durch die Länderspielwochen)

Leverkusen ist international nicht vertreten und ist in der 2.Runde des DFB-Pokals rausgeflogen. Dementsprechend ist Zahl der Spiele relativ gering bis zum Winter. 19 Spiele und nur eine englische Woche. Das bedeutet durchschnittlich 7,6 Tage bis zum nächsten Match. Das einzige Spiel nach einer englischen Woche in der Bundesliga wurde gewonnen.

Werder Bremen absolviert das volle Programm. Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League. 26 Spiele stehen auf dem Programm. Bereits sechs englische Wochen (EW) liegen hinter den Hansestädtern und die Bilanz ist trotzdem äußerst positiv. 4 Siege und 2 Remis wurden nach den EW in der Bundesliga verbucht. 2 EW liegen noch vor Bremen bis zum Weihnachtsfest. Zwischen den Spielen liegen durchschnittlich nur 5,6 Tage. Das sind zwei Tage weniger, als der aktuelle Tabellenführer.

Der Hamburger SV hat einen mit Bremen vergleichbaren Spielplan. Einziger Unterschied: das vorzeitige Aus in DFB-Pokalrunde 2. Macht summa summarum 25 Spiele, 5 englischen Wochen bisher und noch zwei ausstehende. Bilanz: 2 Siege und 3 Remis. Zwischen den Spielen liegen 5,8 Tage im Schnitt.

Schalke 04 ist ebenfalls, wie Tabellenführer Leverkusen international nicht vertreten, dafür aber noch im DFB-Pokal aktiv. Somit spielen die Knappen bis zum Winter 20 Mal. 2 EW standen auf dem Plan, nach einer wurde gewonnen, nach der anderen folgte ein Remis. Schalke hat 7,2 Tage zwischen den Spielen.

Wolfsburg spielt Champions League, aber nicht mehr im Pokal. 25 Spiele, 5 EW bisher und noch 2, die auf dem Plan von Armin Veh stehen. Die Bilanz ist gut mit 3 Siegen und 2 Remis. Zwischen den Spielen liegen im Schnitt 5,8 Tage.

Was sagt uns das alles. Zunächst einmal ist bezüglich der Belastung ein klarer Unterschied zwischen international aktiven und “nur” national spielenden Teams zu vermerken. Die Zeit zwischen den Spielen schwankt im Schnitt, zwischen 5 und 7 Tagen und da liegt die Krux. Nicht zu sehen ist, dass zeitweise 3 EW nacheinander gespielt wurden mit höchstens 4 Tagen Pause. Auch nicht mit einberechnet sind die teils langen Länderspielpausen.

Die Bilanz nach den EW ist durchweg positiv, allerdings würden die Mannschaften natürlich auch sonst nicht so weit oben in der Tabelle stehen. Schaut man auf die Bayern, die ein ähnliches Programm wie Wolfsburg haben, sehen wir 2 Siege, 3 Remis und 1 Niederlage nach EW. Die Stuttgarter passen da schon besser als Negativbeispiel, stehen aber auch im hinteren Mittelfeld der Bundesliga. Bereits 8 EW, aufgrund der Champions League-Quali liegen hinter den Schwaben. Nur eine Partie wurde nach einer EW gewonnen, sonst gab es 4 Remis und 3 Pleiten.

Und was sagt uns das alles weiter? Nichts, wie ich behaupten möchte. Die Belastung ist auf jeden Fall groß für einige Teams, doch die Ergebnisse stimmen bei den Spitzenteams immer noch. Vielleicht ändert sich das im Laufe der Saison und vielleicht sind die wenigen Spielen der Leverkusener und Schalker ein klarer Vorteil. Vielleicht auch nicht. Vielleicht sind die aktiven Teams besser im Fluß.