1.FC Köln, Teil 6

Alles ist geschrieben. Dortmund ist Meister. Leverkusen hat die Minimalchance auf die Meisterschaft verspielt. Wie immer. Bayern rückt auf Platz 3 und lacht sich am Ende schlapp, wenn Bayer die zwei einzigen Punkte, die es braucht, um die direkte Champions League-Quali zu schaffen, doch nicht holt. Wieder irgendwie gescheitert hieß es dann. Typisch Bayer, schröben die Medien und die Fans anderer Clubs hätten neuen Stoff für neue Schmähgesänge. “Ihr werdet nie Deutscher Meister!” singen ja ab und an schon mal die eigenen Fans.

Köln war also der vorerst letzte Stolperstein für Bayer. 2:0 verlor man gegen das Finke-Team. Frischer Wind, neue Besen oder doch am Ende die Dummheit der Leverkusener? Chancen hatte man, Pfosten- und Lattentreffer kamen en masse hinzu, Ballack schafft das unmögliche und brachte den Ball aus einem Meter nicht an Rensing vorbei. Spielerische Klasse ließ man trotzdem vermissen. Ideen gabs zu selten. Oft kreiselte der Ball nur hin und her, wie zu den schlechtesten Bayern-Zeiten. Ballbesitz-Werte im 70-Prozent-Bereich, aber Tore Fehlanzeige.

Warum, wieso, weshalb, fragen sich die Fans. Antworten haben die wenigsten. Auch die Spieler wirken müde und ausgelaugt und ihre Facebook-Seiten verkündigen Ratlosigkeit. Rene Adler meinte, dass sich die Niederlage nicht gut anfühlte. Überraschend.

In meiner Zeit als Profi war das meine erste Niederlage gegen Köln. Fühlt sich nicht gerade gut an. Hätte man sich ja auch einfach sparen können…um ehrlich zu sein.
Naja, jetzt muss der Blick nach vorn. Jetzt gilt es jeden Tag konzentriert auf das nächste Spiel hinzuarbeiten.

Auch Stefan Kießling klingt leer und ausgelaugt. Die Äußerungen, dass man jetzt im nächsten Spiel alles klar macht, klingen hohl:

So richtig weiß ich nicht was ich schreiben soll. Wir sind alle sehr enttäuscht. Ausgerechnet gegen Köln, dabei hatten wir uns so viel vorgenommen. Ich kann mich nur entschuldigen das wir heute nicht gewonnen haben, aber wir wollen gemeinsam im letzten Heimspiel die CL sichern und dann feiern. Das müssen wir einfach. Trotzdem noch einen schönen Abend. Euer Kies

Gerade Kießling wird sich wohl wie kein Zweiter auf das Ende der Saison freuen. Nicht einmal sein unbändiger Kämpferwille blitzte in den letzten Spielen auf, vor dem Tor wirkt er dermaßen glücklos, dass es weh tut beim zuschauen.

Will man bei allen ein gutes Gefühl erzeugen, bei Fans, Mannschaft und beim Trainer, müssen nun zwei Siege her. Es geht gegen zwei Teams für die es um nichts mehr geht. Der HSV ist aus dem Euro League-Rennen, genauso wie der SC Freiburg. Wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass kein “gutes” Klima herrscht, ist mir schleierhaft. Zweiter Platz. Champions League-Quali so gut wie sicher. Alle Ziele erreicht. Trotzdem quietscht das Getriebe.

werkself_talk: was-von-gestern-bleibt

Sonntagmorgen – 7.00 Uhr! Irgendwo in meinem Kopf regt sich der Gedanke an die versprochene Niederschrift zu den Ereignissen des 32. Spieltags. Und wie schon unmittelbar nach der Pleite auf der linken Rheinseite, grüble ich über mögliche und dazu noch sinnvolle Buchstabenkombinationen.

Vielleicht starten wir einfach mal ganz klassisch mit den Fakten: Dortmund feiert eine verdiente Meisterschaft, die seitens der WERKSELF nicht erst im April 2011 verspielt wurde; im Rennen um die Qualifikation zur Champions-League geht Hannover im entscheidenden Moment wohl der Sprit aus; der Abstiegskampf wird zum dominierenden Themenlieferanten der letzten beiden Spieltage und ich bin froh, dass ein häufig zu beobachtendes Phänomen in Leverkusen erst im April und nicht, wie in den vergangenen Jahren, schon kurz nach der Jahreswende einsetzte. So werden wir am letzten Spieltag in Freiburg noch einmal alle zusammen die Rückkehr in die Champions-League feiern: die nötigen Punkte wird die Mannschaft sicher holen!

Jetzt aber doch mal zu gestern! Als Zuschauer im östlichen Oberrang des Rhein-Energie-Stadions war ich Zeuge einer Niederlage mit Ansage – zumindest deuteten sich bei mir erste Zweifel an einem überzeugenden Erfolg der WERKSELF innerlich schon früh an. Es war klar, dass der FC spielerisch klar unterlegen sein würde und das eigene Tor – bewacht von einem der Besten in der Liga – mit allem verteidigen würde, was zwei Beine hat (wir zählen den Kopf nach wie vor zu den oberen Extremitäten). Und zwischen Mittellinie und Bayer-Strafraum lauert ja noch dieser Novakovic, der auch gestern eine der wenigen Kölner Chancen zur Führung nutzte und das Spiel für die Geißböcke faktisch entschied. Wer hier als Tabellenzweiter, dem ein schwacher Gegner alle Möglichkeiten lässt, nicht in der Lage ist ein Tor zu erzielen (Pech hin oder her), der kann so ein Spiel niemals gewinnen. Darüber habe ich mich gestern genug geärgert und auch heute verzichte ich auf die morgendliche Lektüre diverser sportlicher Nachbetrachtungen.

Aber die Niederlage als solche hake ich erst mal ab! Und auch an den Diskussionen mit Blick auf die kommende (Champions-League)Saison beteilige ich mich erst, wenn die Fakten dazu greifbar sind.

Eins geht mir allerdings auch jetzt noch mächtig auf den Zeiger! Liebe Nicht-Leverkusener irgendwo in Deutschland: Wann hört ihr endlich auf, mich mit den ewig gleichen Themen rund um meinen Verein zu nerven (so wie gestern 90 Minuten persönlich)? „Nie Deutscher Meister!!!!“ Sei euch gegönnt, singen wir gerne mit! Aber dieses ständige Geschwafel von der nicht vorhandenen Fankultur, der fehlenden Tradition, dem Retortenclub aus der Pillenstadt – das verdirbt mir an manchen Tagen immer noch die gute Laune, auch wenn es eigentlich in die Kategorie „lächerlich bis dämlich“ einzuordnen ist. Ich werde jetzt auch nicht die lange Liste all dieser Argumente ausgraben, die solche Aussagen ad absurdum führen, nur so viel: Titel aus den sechziger und siebziger Jahren mögen ja dem ein oder anderen – heute in Ehren ergrauten – Fan den Blick auf die Realität verklären, aber wer immer nur mit Vergangenem sein Fußballdasein schmückt, der hat vor allem eins: Den Anschluss an den modernen Profifußball verpasst!

Ich freue mich auf jedes Spiel unserer WERKSELF und finde die Champions-League nach wie vor interessanter, als den Abstiegskampf oder die 2. Liga. Auch am Sonntagmorgen nach der Derbypleite – um 8.30 Uhr!

Schwarz-rote grüße und einen schönen 1. Mai
Klaus

Interview mit Stefan Klüttermann (Rheinische Post)

Heute im Gespräch: Stefan Klüttermann, Redakteur bei der Rheinischen Post mit Schwerpunkt Bayer Leverkusen.

Stefan, du arbeitest bei der Rheinischen Post als Journalist. Was ist deine Aufgabe dort?

Meine Aufgabe ist es, den Lokalsport der RP-Ausgabe Leverkusen zu produzieren, und als ein zentraler Bestandteil davon betreue ich Bayer Leverkusen. Das bedeutet auch, dass ich in der Regel für alle Texte zuständig bin, die über Bayer 04 im Hauptsport der Rheinischen Post stehen.

Wieviel Prozent deiner täglichen Arbeit nimmt die Berichterstattung über die Fußballprofis von Bayer 04 im Leverkusener Lokalsport ein?

Ich würde sagen, 60 Prozent. Aber ich schreibe auch über den Amateursport, die verschiedenen anderen Sportarten beim TSV Bayer 04, Finanzdiskussionen und Vereinspolitik. Mir ist wichtig, dass ich nicht nur Bundesligafußball betreue.

Mir ist natürlich gerade dieser Bereich wichtig. Wie sieht dein Arbeitsalltag aus, wenn es um die Werkself geht?

Zum einen bin ich natürlich live vor Ort bei allen Spielen, sowohl heim, als auch auswärts. Dann gibt es die turnusmäßigen Pressekonferenzen, die ich betreue. Und ansonsten ist es unser Anspruch, in der Regel jeden Tag einen Text über Bayer 04 im Blatt zu haben. Die Tage, die sich zwischen Vor- und Nachberichten abspielen, versuchen wir möglichst abwechslungsreich zu füllen: mit Interviews, Randgeschichten über den Veren, bestimmten Personalien oder historischen Stücke (Wann hat Bayer das letzte Mal in München gewonnen? Jubiläum des höchsten Bundesligasieges in Ulm, usw.).

Wieviel direkten Kontakt hast du zu den Verantwortlichen, den Spielern, zum Trainerteam? Sehr viel Kontakt oder läuft das vor allem über die Presseabteilung des Vereins?

Das ist unterschiedlich. Es gibt Wochen, in denen wir täglich Kontakt haben zu Meinolf Sprink oder Dirk Mesch auf den verschiedenen Kommunikationswegen. Man ist auch mal beim Training da. Bei den Spielen selbst hat man natürlich die Chance, Spieler zu befragen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, Rudi Völler, Wolfgang Holzhäuser oder Jupp Heynckes mit einer Rückrufbitte zu versehen, so dass da ein Kontakt relativ schnell möglich ist. Das klappt in der Regel sehr gut.

Sprechen wir über den Verein Leverkusen. Wie siehst du die Entwicklung der letzten 3-4 Jahre?

Drei, vier Jahre sind für mich im Detail etwas schwierig, weil ich erst seit Dezember 2009 in Leverkusen für die RP arbeite. Davor habe ich Leverkusen natürlich als Teil der Bundesliga und als sportinteressierter Journalist verfolgt. Die Floskel, die Jupp Heynckes angebracht hat, dass jeder seiner Spieler ein Jahr älter und ein Jahr weiter gekommen ist, trifft es, glaube ich, ganz gut, weil die Weiterentwicklung jedes Einzelnen in der Summe die Mannschaft dieses Jahr stärker macht. Ob die jungen Spieler oder ein Arturo Vidal, der im vergangenen Jahr schon Leistungsträger war, der es nun aber geschafft hat, konstant bester Spieler zu sein. Was Jupp Heynckes weiterhin geschafft hat, ist, dass er eine Konstanz in die Leistung der Mannschaft bekommen hat. Wenn man das mit der Saison unter Bruno Labbadia vergleicht, mit einer hervorragenden Hinrunde und der schlechten Rückrunde, ist das ein großer Fortschritt. Heynckes arbeitet ruhig und fördert junge Spieler. Es ist eine Sache, junge Spieler zu verpflichten, da sich Leverkusen ja auch als gute Adresse für Nachwuchsspieler etabliert hat. Diese dann weiterzuentwickeln, ist dann der zweite Schritt, und das hat man in den vergangenen Jahren vernünftig hinbekommen.

Ist das nur ein Verdienst von Jupp Heynckes oder gehört da auch das gesamte Umfeld dazu?

Ich denke, da gehört das ganze Umfeld dazu. Man muss sagen, dass wir hier medial – ich sage mal scherzhaft – in der Diaspora leben, also in einem relativ überschaubaren Medienumfeld agieren, wenn man mal Köln, München oder Hamburg dagegensetzt. Da ist manches einfacher. Dann wird man wahrscheinlich erst nächstes Jahr wirklich in Gänze bewerten können, wie wichtig Peter Hermann gewesen ist, als derjenige der die Trainingssteuerung größtenteils übernommen hat. Dann ist natürlich immer von der Wohlfühloase und der tollen Infrastruktur die Rede. Wenn man die sieht, spielt Bayer sicherlich auch in diesem Punkt ganz oben mit.

Hast du eine Idee, wie es bei Bayer Leverkusen von der Ausrichtung her weitergeht. Bleibt man ein Ausbildungsverein?

Ich glaube, der Begriff Ausbildungsverein ist etwas zu kurz gegriffen. Wenn ich einen jungen Spieler für zwei Jahre hole und ihn ausbilde, dann fängt er ja in der Regel spätestens im zweiten Jahr auch an, der Mannschaft zu nutzen. Ausbildungsverein hört sich immer so an, als ob man selbstlos seine Ressourcen hergibt. Dass man während der Zeit der Ausbildung auch von den Spielern profitiert, ist doch klar. Die Frage ist natürlich, ob Leverkusen künftig ein Verein ist, der sagen muss, wenn für einen ausgebildeten Spieler ein hochdotiertes Angebot kommt, “das Geld nehmen wir” oder ob er sagt, “auf das Geld verzichten wir”.

Inwieweit spielt da die ganze Leihpolitik mit rein?

Auch damit ist man ja gut gefahren. Damit, zu sagen, wir haben nicht die Möglichkeit, allen talentierten, jungen Spielern bei uns genügend Spielpraxis zu bieten, sondern sie auf einem möglichst hohem Level auszuleihen und dadurch Spielpraxis zu geben. Ich denke, dass sich das bewährt hat, und inzwischen hat das ja auch Nachahmer gefunden. Es bleibt abzuwarten, welchen Sprung Spieler gemacht haben, die jetzt wieder kommen.

Hast du einen Spieler auf dem Plan, der es zu einer ähnlichen Entwicklung bringen könnte, wie beispielsweise Stefan Reinartz?

Auf Bastian Oczipka bin ich gespannt, weil ich ihn für einen sehr dynamischen Spieler halte. Und da bin ich gespannt, wie er sich hier auf einem höheren Level integrieren wird. Jens Hegeler hat leider das Problem, dass er der gefühlt 27. Spieler im Mittelfeld ist, wo man eh schon ein Überangebot hat. Insofern muss man einfach mal abwarten. Das hängt immer ein bisschen davon ab, auf welcher Position der Spieler ausgeliehen wurde und wo es dann bei Bayer fehlt oder wo man noch mal was anderes ausprobieren möchte.

Kommen wir zu den Personalien. Jupp Heynckes geht. Was war dein erster Gedanke, als das bekannt gegeben worden ist?

Als es letztlich bekanntgegeben worden ist, erst durch Bayer und dann durch Heynckes’ persönliche Erklärung, hat es ja eigentlich niemanden mehr überrascht. Mich hat es in den Wochen vorher überrascht, weil ich eher davon ausgegangen bin, dass er ganz aufhört und sich nicht noch mal zwei Jahre das Epizentrum des deutschen Fußballs antut. Da kann man natürlich nicht leugnen, dass der mediale Stress und die Belastung eine ganz andere ist als in Leverkusen.

Hat man als Journalist eine Chance, bei Jupp Heynckes in die Persönlichkeit zu schauen, was da genau in ihm vorgeht?

Es ist ja schon vielfach nachgefragt worden, warum er denn Leverkusen verlasse. Auf diese Frage gibt es bis heute keine Antwort. Er hat selbst gesagt, München sei nicht der Grund, weil die Anfrage erst nach seiner Entscheidung gegen Leverkusen kam. Also bleibt der eigentliche Grund weiter offen. Insofern kann man nur spekulieren.

Eine weitere Personalie, die viel diskutiert wird, ist Arturo Vidal. Vor dem München-Spiel äußerte er sich etwas unglücklich, dass München eine interessante Stadt sei, danach folgte das klägliche Spiel gegen die Bayern. Meinst du Vidal bleibt in Leverkusen?

Das ist eine schwierige Frage. Einerseits ist klar, dass er sich durch diese Saison für viele Vereine interessant gemacht hat. Fraglich bleibt, warum die fast schon perfekt gemeldete Vertragsverlängerung letztlich noch nicht zustande gekommen ist – da kann man im Moment auch nur spekulieren, wie schwierig sich Verhandlungen mit einem chilenischen Club gestalten und ob da ein Berater im Hintergrund ist, der ihm einen Floh ins Ohr gesetzt hat, schon nach dieser Saison den nächsten Schritt zu machen. Ich gehe im Moment mal davon aus, dass Arturo Vidal spätestens 2012 woanders spielen wird. Die interessante Frage ist, ob diesen Sommer schon etwas passieren wird.

Das heißt aber auch, dass du davon ausgehst, dass Leverkusen sagt, im Zweifelsfall lassen wir ihn jetzt noch ein Jahr hier spielen und dann geht er halt ohne Ablöse.

Ich gehe davon aus, a) dass sich Leverkusen von keinem Spieler die Pistole auf die Brust setzen lässt, wie Sachen zu laufen haben, und b) glaube ich, dass Bayer nicht auf diese Abösesumme angewiesen ist, sondern dass sie in der Position sind, abzuwägen, ob sie einen zweistelligen Millionenbetrag nehmen oder einen Arturo Vidal, der noch eine weitere Saison bei ihnen spielt.

Nächste Personalie: Rene Adler. Wie siehst du seine Entwicklung und was passiert mit ihm?

Niemand kann sich vorstellen, wie schwer sich der Verzicht auf die WM bei ihm psychisch niedergeschlagen hat. Weil das eine unfassbare Enttäuschung ist, die man als Sportler erstmal verarbeiten muss. Er ist seitdem ein konstant guter Bundesligatorhüter, allerdings mit einer gewissen Verletzungsanfälligkeit. Wenn man parallel Manuel Neuer und Rene Adler sieht, die im Prinzip vor der WM gleichauf waren und dann Neuer während der WM Pluspunkte sammeln konnte, muss man objektiv sagen, dass Neuer den Vorsprung ausgebaut hat. Ich denke, dass Rene Adler zur Zeit ganz klar Deutschlands Nummer 2 ist.

Wie sieht es aus mit seinem Verbleib bei Bayer Leverkusen?

Rüdiger Vollborn hat seinen Vertrag bis 2012 verlängert, also haben beide ihr Vertragsende im nächsten Jahr. Inwiefern Manchester United da ein ernsthaftes Interesse verfolgt, sei dahingestellt – die haben ja auch einige andere Kandidaten im Köcher. Auch da ist im Moment alles Spekulation.

Michael Ballack hatte zuletzt konstantere Leistungen, wirkte wieder fit und präsent auf dem Platz. Wie siehst du seine Entwicklung? Hilft er Leverkusen nächste Saison noch weiter?

In der Form, die er die Spiele vor dem Bayern-Spiel hatte, sicherlich. Für mich ist der entscheidende Punkt, wie sich Michael Ballack selbst in Leverkusen sieht. Entweder als Spieler und Teil der Mannschaft oder in einer Sonderrolle. Genau dann wird es problematisch. Dann wird es sicherlich auch davon abhängen, wie Robin Dutt mit ihm umgeht und wie er selbst mit Dutt klar kommt.

Da wären wir direkt beim nächsten Namen. Robin Dutt. Was kann Dutt in Leverkusen erreichen? Ein Trainer, der nächstes Jahr zum ersten Mal mit dem internationalen Pokal, vielleicht sogar der Champions League konfrontiert wird. Wie siehst du seine Arbeit bisher und was kann in Leverkusen erwarten?

Wenn man seine Arbeit in Freiburg sieht, kann man wirklich nur den Hut ziehen, vor allem vor dieser Saison, in der niemand so mit dem SC gerechnet hat. Mit dem Spielerpotenzial, was er hat, so zu stehen, muss ja einfach für ihn sprechen. Ansonsten denke ich, dass er zu den besten Trainern in Deutschland gehörte, die auf dem Markt waren. Und Bayer hat ihn nach eigener Aussage lange genug beobachtet, um beurteilen zu können, dass er vom Fachlichen auf der Höhe und sogar ganz vorne mit dabei ist. Insofern gehe ich davon aus, dass das die beste Wahl war, die man treffen konnte.

Meist du, dass es noch Umstellungsschweirigkeiten gibt? In Freiburg kämpft man schließlich um den Klassenerhalt, während es in Leverkusen eher um Titel geht.

Klar ist das ein anderes Level, aber an der fachlichen Kompetenz kann der Tabellenplatz um den man spielt, nichts ändern. Entweder man hat das Know-how oder man hat es nicht. Zudem denke ich, dass man sich mit dem Level auf dem man trainiert, entwickelt.

Kannst du noch etwas zur Personalpolitik sagen? Was erwartest du für die nächste Saison? Wieviel ist von der CL-Qualifikation abhängig?

Sicherlich einiges. Wolfgang Holzhäuser hat schon im November gesagt, dass man einiges auf den Prüfstand stellen müsste, wenn man die Champions League verpasst. Insofern ist mit dem CL-Millionen einiges mehr möglich, als ohne dieses Geld. Schürrle ist eine bärenstarke Verpflichtung. Toprak ist, wenn er denn jetzt kommen sollte, einer der entwicklungsfähigen Spieler, nur wenn man Spiele wie Müchen sieht, wäre es fahrlässig, keinen international erfahrenen Innenverteidiger zu holen. Sami Hyypiä wird wahrscheinlich nur Standby-Profi, dann hat man noch Manuel Friedrich, dazu drei junge Leute mit Schwaab, Reinartz und wahrscheinlich Toprak. Auch das Spiel gegen Villareal hat gezeigt, dass zwischen Bundesligaspitze und internationaler Spitze ein Unterschied besteht, und wenn man in der nächsten Saison in der Champions League spielt, muss man sich diesem internationalen Niveau stellen.

Du hast Villareal und Bayern München angesprochen. Hast du eine Erklärung für diese bitteren Niederlagen?

Ich glaube in München kommt man irgendwann zu einem Punkt, an dem man Fußball nicht mehr rational erklären kann. Warum gewinnt England bei einer WM nie, auch wenn sie immer zu den Favoriten gehören? Warum gibt es das Phänomen Angstgegner? Warum gibt es Serien, dass eine Mannschaft nie bei einer anderen gewinnt? Jeder, der schon mal selbst Fußball gespielt hat, weiß, dass es da Dinge gibt, die man rational nicht erklären kann. Dieses Jahr waren die Chancen, zu gewinnen, ja so groß wie nie bemessen worden, aber dann kommt der Punkt im Spiel, wo doch alles gegen dich läuft. Wenn man alle beteiligten Spieler befragen würde, hätte wahrscheinlich auch keiner eine Erklärung dafür. Villareal war so eine Partie, wo man das Hinspiel völlig unnötig aus den Händen gegeben hat, und im Rückspiel war nach dem ersten Tor war dann alles erledigt. Mein Tipp ist sowieso, dass Villareal die Europa League gewinnt.

Wieviel ist da auf die junge Mannschaft zurückzuführen?

Sicherlich sind das Erfahrungen und speziell Fehler, die die Jungen gemacht haben, die dann nächstes Jahr nicht mehr gemacht werden. Ich habe neulich Jupp Heynckes gefragt, ob man Cleverness trainieren kann, und er meinte, dass man das nur durch Spiele erlernt, weil man in bestimmten Situationen für bestimmte Probleme Handlungsmuster finden muss. Daraus kann man dann seine Schlüsse ziehen und es im nähsten Spiel anders machen. Von daher waren die internationalen Spiele sicherlich Gold wert.

Kommen wir noch kurz auf die Finanzpolitik bei Bayer zu sprechen, die für mich so etwas wie ein Buch mit sieben Siegeln ist. Wieviel Einfluss hat das Werk, dass ja auch Geld fü den Ballack-Transfer locker gemacht haben soll und wie ist die allgemeine Situation?

Da kann man nur wenig dazu sagen. Alle Zahlen, die kursieren sind auch nur kolportiert.

Kleiner Ausblick auf die letzten Spiele. Wird die Champions League gesichert?

Ja, auf jeden Fall. In den verbleibenden Spielen wird Bayer sich das nicht mehr nehmen lassen. Schwierig wird nochmal das Auswärtsspiel in Köln, aber nach dem Heimspiel gegen Hamburg sollte alles klar sein, so dass das Duell mit Robin Dutt keine brisante Rolle mehr spielt.

Und nächste Saison? Welche Rolle spielt man in der Liga? In der Champions-League? In der Meisterschaft?

Naja, wer um die Champions League mitspielt, spielt auch eine Rolle im Titelkampf. Es sei denn man hat wie Dortmund schon Mitte der Saison so einen formidablen Vorsprung herausgearbeitet. Ob Champions League oder Titelkampf – das ist derselbe Topf, und das muss das klare Ziel sein. Die Mannschaft wird ja nicht schlechter, unabhängig davon ob Arturo Vidal geht, da hätte man ja einen Lars Bender in der Hinterhand. Bayer schaltet ja nicht einen Gang zurück, weil man dieses Jahr sein Ziel erreicht hat. Interessant wird sein, ob Dortmund die Saison bestätigen kann, ob Jupp Heynckes mit den Bayern zurechtkommt und welche Überraschungsmannschaft dann oben noch mitspielt.

Du hast gerade nochmal Lars Bender angesprochen. Ist er ein adäquater Ersatz für Vidal?

Ich würde ihn gerne mal zehn Spiele über 90 Minuten sehen. Ich glaube in Dortmund hat zunächst auch niemand geglaubt, dass Sven Bender ein adäquater Ersatz für Sebastian Kehl sein könnte und dann sagt irgendwann Nuri Sahin, Sven Bender ist unser wichtigster Mann. Von daher würde ich einfach gerne mal das Experiment sehen, Lars Bender zehn Spiele über die vollen 90 Minuten spielen zu lassen. Ich glaube er ist ein richtig Guter.

werkself_talk: konzentration-auf-das-wesentliche

Über das Zusammenleben von Trainern, Spielern und Fans und über die Mechanismen des Profifußballs – am Beispiel der WERKSELF im April 2011!

Foto: Andreas Mohr (www.lev-rheinland.de)

Ein Maskottchen mit Namen „Brian“, zwei Spieler mit Namen Renato Augusto und Michael Ballack. Diese, in dieser Form, ungewöhnliche Mini-Laola vor der Nordkurve war eine der der vielen Facetten des Spiels gegen die TSG aus Hoffenheim. Ein Spiel, reich an Themen insbesondere für die Beobachter, die ihren Blick 90 Minuten nicht nur auf die beiden Torlinien fixierten (und das verbunden mit der berechtigten Hoffnung einer Überquerung derselben durch das Spielgerät). Es ging um 3-PUNKTE, EMOTIONEN und um KOMMUNIKATION! Im Fußball – und nicht nur da – untrennbar miteinander verbunden, hier auch getrennt betrachtet.

3-PUNKTE für die Königsklasse

Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt – zu den Geschichten später mehr: Die WERKSELF wollte viel nach dem sonntäglichen Geschenk an die Mannschaft aus München, konnte aber 40 Minuten lang ihr Vorhaben nicht in die Tat umsetzen. Wer, wann und in welchen Szenen mit diversen Aussetzern glänzte und so den Gästen aus dem Dorfe Sinsheim eine 1-0 Führung schenkte (unter strenger Beobachtung einer halben Leverkusener Mannschaft) haben wir alle gesehen, gehört und gelesen – und so wird an dieser Stelle auf weitere Bewertungen und Statistiken des Spielgeschehens verzichtet. Auch die Frage nach der aktuellen Form unseres Kapitäns wird hier ebenso wenig beantwortet, wie die, nach der Abschluss-Schwäche bestimmter Mannschaftsteile. Die Frage nach der Bedeutung eines – durch das Auftreten der Mannschaft in der zweiten Halbzeit – absolut verdienten Sieges, die ist allerdings schnell und alternativlos zu klären: Es ging um nichts anderes als um einen Sieg zur Sicherung des zweiten Platzes. Dass die Münchner Bayern zeitgleich nicht mehr als einen weiteren Punkt auf ihr internationales Punktekonto verbuchen konnten, machte die Sache umso runder für die WERKSELF!

Virale EMOTIONEN

Nach dem Nicht-Spiel gegen die Bayern hat die Bayer 04 – Fangemeinde kollektiv den schwarz-roten „gefällt mir nicht“-Button gedrückt. Berechtigte Enttäuschung und verständlicher Frust wurden in Worte und Sätze verwandelt und bahnten sich auf vielfältige Art und Weise den digitalen Weg in die Öffentlichkeit. Aber auch schon vorher richtete sich die Kritik massiv gegen einen der erfolgreichsten und beliebtesten Trainer auf der Bayer-Bank (nach 7 Jahren werden wir wieder Champions-League spielen) und in letzter Zeit zudem gegen den treffsichersten und einen der beliebtesten Spieler der WERKSELF (10 Tore und 10 Torvorlagen).

Jupp Heynckes geht, gemeinsam mit Peter Hermann, nach München! Hierzu ist alles gesagt: „Viel Glück für die beiden!“

Arturo Vidal wird mit angeblichen Zitaten medial schon als kommender Bayern-Profi verkauft! Arturo hat einen Vertrag in Leverkusen und den wird er erfüllen, oder für eine stattliche Ablösesumme frühzeitig auflösen. Sollte dies der Wunsch des Spielers sein, würde eine Zwangsverpflichtung für die kommende Saison keine gute Lösung für beide Seiten sein. Aber soweit ist es noch nicht, im Gegenteil: der Verein geht – liest man die jüngsten Zitate – bis an eine wirtschaftliche Schmerzgrenze und eventuell ein wenig darüber hinaus, um den „kleinen Krieger“ längerfristig in den schwarz-roten Stammesfarben auflaufen zu lassen.

Sollte dieses Vorhaben misslingen, greifen halt die Mechanismen des Profifußballs, der schon lange nicht mehr durch Vereinstreue gekennzeichnet ist. Warum auch? Spieler und Trainer sind Angestellte eines Vereins und für diesen – vertraglich definierten – Zeitraum geben sie alles für den Erfolg. Es kann viele Gründe geben, die Trikotfarbe zu wechseln und nicht immer stehen dabei die Interessen des Spielers im Focus. Schon gar nicht, wenn umtriebige Berater und Spielervermittler hochprozentig partizipieren.

Mit gefällt das auch nicht, aber man gewöhnt sich dran. Und ich freue mich über jeden Spieler, der Verträge erfüllt und seinem Verein und vor allem seinen Fans treu bleibt – solange es eben beruflich und persönlich geht. Aber eins werde ich nie akzeptieren und verstehen: Respektlosigkeit und öffentliche Beleidigung. Ein Verhalten, das zum Glück auch nur auf eine Minderheit er „Fans“ zutrifft und das vor allem durch maßlose Enttäuschung entsteht – hoffe ich!

KOMMUNIKATION vor und hinter der Bande

Enttäuschung war auch am Samstag ein oft gehörtes Wort. Gerade die Leistung der Mannschaft in den ersten 45 Minuten gab auch genügend berechtigten Anlass dazu, vor allem nach den Ankündigungen einer umfassenden Wiedergutmachung. Aber das ist im Fußball nicht immer so leicht und für den ein oder anderen Zuschauer auch nicht zu verstehen: und so nehmen die Dinge ihren Lauf! Die Intonation des Toten Hosen – Hits rund um den FCB gehört dazu, wenn Vereinsmitglieder Richtung Süden wandern und die Erkenntnis, dass Jupp Heynckes kommende Saison eher nicht in der CL Spielen wird, auch die kann man mal stimmungsvoll einsetzen. Aber Pfiffe gegen das eigene Team und Schmährufe gegen einen ihrer Besten? Geht nicht und hilft nicht! Wenn nicht wer als die Fans kann einem Team helfen, wenn s mal nicht gut läuft. Und wir sind es auch, die mit Identifikation und Vereinstreue genau diese Werte im Fußball erhalten können.

Dabei geht es nicht um eine kritiklose Hinnahme jedweder Art von Leistung des Teams. Es geht aber immer um die Art und Weise und um den Umgang mit Menschen. Die Reaktion der Mannschaft nach dem Schlusspfiff mag jeder interpretieren, wie er möchte: Verstehen kann ich sie!

Konzentration auf das Wesentliche

Wie schön, dass am kommenden Samstag das Nachbarschaftsduell in Köln ansteht: Es wird kein leichter Gang gegen abstiegsbedrohte aber heimstarke Kölner. Aber mit den drei Punkten aus Müngersdorf (zwei Tore Vidal) wird die Königsklasse klar gemacht, den Fans ein großes Geschenk bereitet und wir alle gehen entspannt in das Saisonfinale. Hierzu eine kleine STATISTISCHE RANDNOTIZ (danke an Kevin Keller (www.facebook.com/KK1904):

2002: Bayer 04 hat am 31. Spieltag 5 Punkte Vorsprung auf Verfolger Dortmund. Leverkusen muss gegen Bremen (1-2) und Nürnberg (0-1) ran, Dortmund spielt gegen Köln (2-1) und Hamburg (4-3).

2011: Dortmund hat am 31. Spieltag 5 Punkte Vorsprung auf Verfolger Bayer 04. Dortmund spielt noch gegen Nürnberg und Bremen, Bayer 04 spielt noch in Köln und gegen Hamburg.

Was immer das bedeuten mag?

Schwarz-rote Grüße
Klaus

Ursachenforschung

Die Niederlage gegen den FC Bayern München liegt jetzt vier Tage zurück. Die Wogen haben sich ein bisschen geglättet. Während man sich in München schon mit einem neuen Torhüter beschäftigt, bleibt in Leverkusen die Hoffnung zurück, dass das nur ein Ausrutscher war und einfach am Angstgegner lag.

Die Reaktionen rund um die Pleite waren vor allem in Fassungslosigkeit gekleidet. Die Nordkurve veröffentlichte gar einen offenen Brief an das Team und die Verantwortlichen:

Die Art und Weise der Niederlage unseres SVB am vergangenen Sonntag in München macht uns noch immer fassungslos. Nach den erfrischenden und erfolgreichen Darbietungen der Mannschaft in den letzten Wochen und der damit einhergehenden aufkeimenden Euphorie im gesamten Umfeld, hatte man sich auch für das Spiel bei den Bayern viel erhofft, hatte mit viel gerechnet, aber nicht mit so einem Ausgang und vor allem definitiv nicht mit so einer Einstellung des Teams auf dem Platz!

Dazu muss man festhalten, dass die Enttäuschung über die Niederlage wohl den Realismus hat abhanden kommen lassen. Erfrischend waren die wenigsten Spiele zuletzt – die knappen Siege, die teils ungeahnten Wendungen zu Gunsten der Leverkusener täuschten darüber hinweg, dass Bayer auch oft einfallslos agierte. Dennoch und da muss man der Nordkurve zustimmen, darf man so nicht auftreten und ein Spiel wegschenken. Da fahren schon mal 5000 Fans mit nach München und dann so etwas.

Die Verantwortlichen reagierten auf diesen Brief:

So haben wir unter anderem einen Anruf von Rudi Völler bekommen, der sich, wie auch Meinolf Sprink, intensiv mit uns über den offenen Brief ausgetauscht hat. Wir haben offen und ehrlich und ohne ein Blatt vor dem Mund miteinander gesprochen und diskutiert. Wir spüren sehr deutlich, dass diese Niederlage aufgearbeitet wird, insbesondere was das Auftreten in der ersten Halbzeit anbelangt.

Genaueres erfährt man allerdings nicht – es gibt keine Erklärung.

Auch die Spieler haben keine Idee. Stefan Kießling äußert sich über Facebook folgendermaßen:

Ich glaube es ist schwer für das gestrige Spiel die richtigen Worte zu finden. Ich denke,so lange ich schon in Leverkusen bin, war das unser schlechtestes Spiel. Wir hatten uns sehr viel vorgenommen, hatten eine super Ausgangsposition und haben uns das Leben ab der 1. Minute selbst schwer gemacht. Wir haben unser Ziel Champions League aber nicht aus den Augen verloren. (FB)

Rene Adler ist ebenfalls fassungslos und spricht von Extra-Einheiten, um das Spiel vergessen zu lassen:

Was war denn da los…ist mir unbegreiflich, dass nichts mehr klappt sobald es nach München geht.

Heute wurden Extra-Einheiten geschoben. Das Spiel muss so schnell wie möglich aus den Köpfen, damit wir’s am WE wieder ziehen und auf Kurs bleiben. Aber ist schon schwer 5 Hütten aus dem Kopf zu bekommen. (FB)

Auch Stefan Klüttermann von der RP hatte keinerlei Erklärungen für das Abschneiden. Ein ausführliches Interview mit ihm gibt es nächste Woche hier im Blog.

Samstag steht nun Hoffenheim auf dem Programm. Zuhause. Man kann schon fast von einem Lieblingsgegner sprechen, jedoch habe ich Sorge. Aus fünf Spielen gegen die Hopp-Truppe holte man 13 von 15 möglichen Punkten, was das Spiel aber nicht zum Selbstläufer macht. Die Frage ist, ob die Mannschaft tatsächlich zeigen kann, dass sie reifer geworden ist und nun Platz 2 festmacht. Sechs Punkte Vorsprung gegen die Bayern klingt zwar zunächst einmal beruhigend bei vier ausstehenden Spielen – lass Bayern aber mal den Rest gewinnen und Bayer patzt gegen Hoffenheim oder Köln und dann kommts am letzten Spieltag darauf an. Da kann man dann wirklich zeigen, wie reif man ist.

In eigener Sache: Ich bin ab morgen für eine Woche im Urlaub und kann von daher das Spiel nicht sehen und werde auch keinen Fazit-Bericht schreiben. Klaus wird aber sicherlich ein paar passende Worte finden. Dieser Tage habe ich sowohl mit Stefan Klüttermann von der RP, als auch mit Holger Ruhl von Opta Sports gesprochen. Die Interviews veröffentliche ich in den nächsten zwei Wochen. Man darf definitiv gespannt sein.

werkself_SONNtalk: abseitser-geht-nicht

Es war eine Wortschöpfung, die die Situation unserer WERKSELF in München nicht besser hätte beschreiben können: „ … abseitser geht nicht!“

Auch blamabliger, wenigermitspieliger, nurzuschauiger oder schlicht harmlosiger hätte gepasst, an diesem Tag …

… der mit großer Euphorie begann: die Sonne schien über der BayArena, unsere zweite Mannschaft hielt noch ein 0-0 gegen den Regionalligaspitzenreiter aus Münster (Endstand 0-2 für die Preußen, die mit geschätzt 100.000 Fans in Leverkusen zu Gast waren) und rund 40 Fans der WERKSELF freuten sich nach einer ausgiebigen BayArena-Tour auf den Kick gegen die Bayern in einer der schönen Logen im Osten des Stadions.

Soweit – aber nicht so gut! Was folgte, war meine ganz persönliche Voraussage des 30. Spieltages zugunsten der Dortmunder Borussia, der ich an dieser Stelle zu einem verdienten Meistertitel gratuliere. Der Sieg der Bienen gegen Freiburg stand für mich außer Frage, nur die andere Partie des „Supersonntags“, die in München, hatte ich anders erwartet: großer Kampf, großes Fußballkino und am Ende ein Unentschieden mit mindestens zwei Toren auf beiden Seiten (kein torloses 0-0 – gibt es im Sportjournalismus) – so, oder so ähnlich habe ich mir den Fußballnachmittag vorgestellt.

Dass es anders gekommen ist, wissen wir alle! Dass die Emotionen hochkochen – und sich bis Ostersamstag wieder beruhigen – ist richtig, wichtig und normal. Und dass sich alle fragen, „Wie konnte das passieren?“ – auch das gehört zu so einem Spiel dazu.

Ich werde mir auch heute nicht die Mühe machen und versuchen, über Aufstellungen, Einstellungen, Umstellungen und das Märchen von den „neuen Bayern“ unsere blamable Niederlage zu erklären (ok, ich habe das Nichtreagieren nach dem 0-2 und das Reagieren dann irgendwann später auch nicht verstanden).

Es gibt auch keinen Ansatz einer positiven Sichtweise – ein 1-5 gegen den direkten Konkurrenten (na ja, so groß ist die Konkurrenz auch nicht) um Platz zwei ist immer furchtbar. Die Art und Weise war ebenso unerwartet, wie peinlich. Aber dass die WERKSELF mit dieser einen Niederlage (Zitat) „ … sämtlichen Respekt verspielt hat“, halte ich für unangebracht. Noch einmal: Ja, es war peinlich, ja es war beschämend, ja es hatte den Eindruck von Arbeitsverweigerung (#problembegriff) und ja – es war die Chance, den Abstand auf die Bayern mehr als entscheidend zu vergrößern!

Alles, was wir in München gesehen haben (oder, was wir nicht gesehen haben), werden Mannschaft und Trainer in den nächsten Tagen mit Sicherheit exakt analysieren und aufarbeiten (Fehlverhalten auf allen entscheidenden Positionen). Darüber müssen wir uns keinen Kopf machen und so sehr ich die emotionalen Diskussionen verstehe und mitfühle: wir Fans haben jetzt eine Aufgabe! Die Meisterschafts-Euphorie (ja, das verbindende „s“ lässt keinen „-„ zu, liest sich aber besser) steigern, in Richtung Champions-League-Euphorie (das Restprogramm spricht für uns) und gemeinsam unsere WERKSELF mit aller nötigen Unterstützung versorgen – dann schmerzt die Blamage von heute zwar immer noch, aber dann ist sie irgendwann auch Wurst, Wurscht – egal, oder so!

Ein kleiner Blick in die Zukunft sei an dieser Stelle gestattet: Wenn wir immer Zweiter werden und wir dabei einmal in München verlieren – kann ich damit leben! Wenn wir immer Champions-League spielen und uns dabei einmal in der Saison richtig blamieren – hab ich damit kein Problem! Wenn TV- Kommentare 90 Minuten lang nerven, gehe ich nur noch ins Stadion oder „auf Facebook“! Und wenn parallelisierte Puristen so was von Abseits stehen, abseitser geht’s nicht, dann ist wieder Supersonntag in Deutschland!

Ich freu mich drauf – Supersamstag in Leverkusen, Ostersamstag in schwarz-rot! Eine klasse Saison geht einem geilen Ende entgegen!

Gruß
Klaus

Bayern München, Teil 6

Gerne wäre ich wieder fünf oder sechs Jahre. Damals spielte ich öfter mit den Eltern und den großen Brüdern Malefiz und wenn ich verlor konnte ich mich gewissenlos schreiend, weinend und lamentierend auf den Boden werfen. Ich war ein schlechter Verlierer. Die Eltern lächelten, die Brüder lachten und ich hatte alles 20 Minuten später vergessen. Damals war ich auch noch kein Fußballfan und Leverkusen spielte gerade mal erste Liga. Im Laufe der Jahre wurde das jedoch alles anders. Irgendwann war es nicht mehr chique sich auf den Boden zu werfen. Auch nicht im Falle einer Niederlage.

Stattdessen grummelte ich Tage vor mich hin, um irgendwann auf Revanche zu hoffen. So hatte ich beispielsweise einen Freund mit dem ich zum Judo ging. Er war gleich alt, gleich groß und gleich schwer, was bedeutete, dass wir uns regelmäßig auf der Matte gegenüber standen. Genau einmal siegte ich. Im ersten Kampf. Bei den Stadtmeisterschaften. Im Finale. Er war ein guter Freund damals und umso bitterer wurden die darauf folgenden Niederlagen. Nie wieder siegte ich gegen ihn und ein Gefühl von Ohnmacht schlich sich in mein junges Herz. Beim nächstes Mal gewinne ich, dachte ich mir immer wieder. Ich trainierte gut. Ich bereitete mich mit neuen Würfen und Griffen vor, aber am Ende hieß es Sachen packen und nach Hause fahren.

In einem unser letzten Kämpfe gegeneinander siegte er gar mit einem “tomoe nage”. Das ist mit die bitterste Niederlage, die man sich beim Judo so einfangen kann und man muss schon enorm schlafmützig sein, wenn man einen solchen Wurf zulässt. Diese Ohnmacht schlich sich dann durch mein ganzes Sportlerleben. Wenn es um etwas ging, musste man dem Standardgegner Platz machen und dem scheinbar Übermächtigen Platz machen.

Interessanter Weise ist das die Zeit gewesen, als ich Leverkusen-Fan wurde und aus dieser Zeit rührt auch der letzte Sieg der Leverkusener in München. 1989. Gerade zwei Jahre verfolgte ich den Plastikclub, als Marek Lesniak zum letzten Mal Bayer in München zum Sieg schoss. Heute war dann wieder so ein Tag, wo ich mich am liebsten auf den Boden geworfen hätte. Schreiend, weinend. Wieder gegen den übermächtigen Gegner aus München verloren. Es ist schrecklich. 1:5. Mein Beileid allen, die mit der Werkself nach München gefahren sind. Ich versuche mich einfach an früher zu erinnern und alles nach 20 Minuten vergessen zu haben. Nur gelingen will es nicht so recht.