Gedankenfetzen rasen durch mein Hirn. Eine klare Einschätzung der gestrigen “Spitzen-“Partie will mir nicht gelingen. War das jetzt Klasse oder Schmu? Eine taktische Meisterleistung oder Angsthasenfußball? Die Leverkusener waren sich nach dem Spiel zumindestens einig, dass das defensiv sehr gut war. Und stimmt, denn ich, als Pessimist vor dem Herrn, hatte eigentlich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass da etwas anbrennt. Es gab eine hundertprozentige Chance in der zweiten Hälfte des HSV und einen Tumult vor dem Abpfiff, in dem die Werkselfkicker etwas desorientiert aussahen. Das wars. Jegliche Angriffsbemühungen der Hamburger wurden im Keim erstickt. Im Mittelfeld rackerten Rolfes und Vidal und auch auf den Außen halfen Barnetta und Renato Augusto, leider auch zu Lasten der eigenen Offensivbemühungen. In der Abwehr stand besonders Hyypiä im Blickpunkt. Der Finne wurde, sowohl von Hamburger Seite, als auch in den eigenen Reihen als Fixstern heroisiert, der alle Bälle magisch anzog und aus der Gefahrenzone beförderte. Im Ohr habe ich noch die Stimmen, die vor der Saison, Hyypiä als Fehlverpflichtung titulierten.
So gut, wie es hinten lief, so schlecht lief es nach vorne. In den letzten zehn Minuten durfte man kurzzeitig erahnen, zu was Leverkusen in der Lage ist. Schnelles Passspiel aus der Defensive heraus, umschalten und die Stürmer einsetzen. Dabei kam eine Großchance von Kießling zu stande und nach zwei Standards knapp verpasste Tore durch Rolfes und Hyypiä. In der ersten Hälfte blitzte das Potenzial der Mannschaft nur einmal auf, als Barnetta Castro einsetzte, der wiederum den Ball knapp am Kasten vorbei schaufelte. Zu ungenau agierte die Werkself über den Rest der Spielzeit, wenn es darum ging die Spitzen einzusetzen. Renato Augusto wirkte leider arg gehemmt – Heynckes machte den Grund dafür in seiner Wadenverletzung aus, vielleicht hätte der Trainer doch direkt auf Kroos setzen sollen. Wo er doch vor der Partie betont hatte, dass nur 100 Prozent fitte Spieler auflaufen sollen.
Und der Gegner? Klar darf man im Hinterkopf behalten, dass nahezu jeder offensiv begabte Akteur der Hanseaten derzeit ein rotes Kreuz auf dem T-Shirt trägt, aber dennoch war sich auch der Gott der Experte Franz Beckenbauer sicher, dass da hätte mehr kommen müssen. Schließlich wäre es ja ein Heimspiel gewesen und und und. Ich glaube allerdings, dass die HSV-Anhänger insgeheim einfach froh waren einen Punkt mitgenommen zu haben. Ich bin übrigens noch immer der Überzeugung, dass Bruno Labbadia seine Teams gegen derart tief stehende Gegner kein taktisches Konzept mit auf den Weg gibt.
Und jetzt? Jetzt werden beide Teams in den nächsten leichteren Partien wieder mehr Risiko gehen, wieder mehr nach vorne spielen und wahrscheinlich auch wieder eher gewinnen, als es gestern jemals möglich war.
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