Ja – die letzten Wochen ist es ruhig hier gewesen. Ja – ich hätte Zeit genug gehabt, mich über die Lage in Leverkusen auszulassen. Ja – ich habe eigentlich jedes Spiel von Bayer gesehen. Ja – ich habe viele viele Analysen gelesen und ja – natürlich habe ich auch eine Meinung zur derzeitigen Lage in Leverkusen und wie es weiter geht. Aber?
Ja – aber, ich hatte keine Lust wieder alles durchzuarbeiten, durchzukauen, mich mit meinem Ärger auseinander setzen und mit meiner Ratlosigkeit.
Für einen kleinen Moment kam Hoffnung auf. Dass der Trainer doch der Richtige ist, dass die Mannschaft will, dass die Mannschaft kann, dass die Ergebnisse stimmen und dass man auf einem guten Weg ist.
Dann kam Barcelona. Spott und Hohn prasselte auf die Werkself nieder dabei war man nur Trendsetter. Wer verliert dieser Tage nicht mal 7:1 oder gar 7:0 oder 6:0 oder 6:1? Ich hatte mit der Niederlage gerechnet, auch wenn ich auf einen Achtungserfolg in Barcelona gehofft hatte. Abhaken, Mund abwischen, weiter machen.
Dann kam die Bundesliga. Wiedergutmachung forderten die Fans. Widergutmachung riefen die Spieler als Motto für die Partie gegen Wolfsburg aus. Was kam war Ernüchterung. Bayer ging schnell mit 1:0 in Führung. Kießling traf und man hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, dass in der Bundesliga alles wieder gut wird. Wenn schon bei Kießling alles funktioniert, er die Bälle runterpflückt wie nichts, sie im Netz unterbringt, als ob das Tor 10 Meter groß wär und der Torwart gar nicht existent. Ja dann. Dann ist doch alles gut.
War es dann aber nicht. Aber hätte es werden können. Hätte Bayer einfach auf 2:0 und 3:0 erhöht, dann wäre Wolfsburg gar nicht wieder ins Spiel gekommen. Spieler hätten sich nicht verletzt, weil Wolfsburg gar nicht mehr 100 Prozent gegeben hätte. Und ja. Dann wär man mit einem Dreier im Gepäck und vier Siegen in Folge gegen Gladbach angetreten und hätte die mit breiter Brust geputzt. Fünf Siege in Folge. Auf einmal auf einem Champions League-Platz. Nächsten Samstag auch noch Schalke vom Platz fegen und dann? Alles gut in Leverkusen.
Hätte hätte, Fahradkette.
Stattdessen wird wieder alles in Frage gestellt. Das Saisonziel ist nur noch Europa League. Die Fans fangen wieder an, Hasstiraden auf Robin Dutt zu schreiben und zu schreien und da können die Spieler noch so toll kämpfen auf dem Platz. Das Leverkusener Publikum wird erst wieder zufrieden sein, wenn es Hacke-123 und ein 5:0 gegen Gegner XY gibt und man Champions League spielt.
Dass das nicht so einfach ist und dass die Liga viel enger zusammen gerückt ist, sehen die wenigsten. Auch der finanzielle Background ist ein anderer. Anfang des Jahrtausends hat man mal eben internationale Stars gekauft – seit ein paar Jahren kauft man junge, günstige Spieler mit Potenzial, die sich aber erst beweisen müssen. Dass es da auch mal Fehlgriffe gibt, ist doch nur natürlich. Schon die Veränderung der kleinsten Stellschraube kann eine Verschlechterung in der Liga um 5 Plätze bedeuten.
Wichtige Entscheidungen können den absoluten Erfolg bedeuten oder vielleicht das Gegenteil. Verkauft man Vidal, bekommt man Geld, das woanders reinvestiert wird, womit man vielleicht mehr gewonnen hat. Dafür holt man vielleicht einen Ballack, der sich verletzt und nie da ankommt, wo man ihn haben wollte. Vielleicht glauben die Verantwortlichen, dass ein Mittelfeldspieler wie Schürrle wichtiger ist, als ein Defensiver und dann passt das doch nicht, weil ein Schürrle nicht den richtigen Mitspieler hat oder der Trainer nicht die Taktik spielen lässt, die ihm entgegen kommt.
Was ich sagen will. Ein Verein wie Bayer Leverkusen ist darauf angewiesen, dass jede Schraube richtig sitzt. Schließlich ist man kein Bayern München, dass mal eben mit einer Arjen Robben-Verpflichtung nachjustieren kann. Ich kann nicht beurteilen, welche Schraube nicht passt. Wo angezogen werden muss und welche wieder ein bisschen lockerer gedreht werden sollte.
Was die Fans sehen ist das Ergebnis, die Spielkultur, den Tabellenstand. Wenn das nicht stimmt, dann setzen die üblichen Mechanismen ein. Trainer raus. Vorstand raus. Spieler raus. Leider ist das ganze doch etwas komplexer.
Das Fans einen Einfluss haben wollen ist klar. Was Fans investieren ist unersetzbar und wunderbar und man möchte auch etwas zurück gezahlt bekommen. Doch das ist leider nicht immer so einfach und die Experten sitzen nun mal im Verein. Vielleicht hilft da einfach ein bisschen Vertrauen in die Fertigkeiten dieser Leute.