Hellenthal

Auf der Suche nach irgendwelchen Behördenschreibseln durchforstete ich die Tage meine alte braune Mappe. Wie immer, wenn ich irgendwas suche und nicht finde, bleibe ich früher oder später an irgendwelchen Erinnerungsstücken hängen. Dieses Mal war es halt die braune Mappe. Als ich 7 Jahre alt war, bekam ich sie. Sie ist inzwischen gefühlt mehrere Kilo schwer und schon damals hatte ich Mühe sie zu tragen.

Die braune Mappe ist aus Leder. Sie hat zwei Einschubfächer und eine Beringung, in der an meinem 7.Geburtstag einige wenige Klarsichtfolien eingeheftet waren. Für Zeugnisse. Und Urkunden. Eine offizielle Mappe also für die wichtigen Schriftstücke, die man im Leben so bekommt. Das erste Zeugnis sollte ich tatsächlich wenige Wochen später bekommen. Urkunden gabs im Monatstakt schon seit einiger Zeit, weil ich als Judoka am sogenannten Monatsturnier teilnahm und man schon als 3. dann so ein Schriftstück ausgehändigt bekam. Man muss dazu sagen, dass oft nur 3 kleine Kämpfer auf dem sanften Weg in einer Gewichtsklasse unterwegs waren und somit die Urkunde quasi garantiert war.

So sammelte ich Jahr für Jahr Zeugnisse und Urkunden. Es kam auch mal die Bedienungsanleitung meiner neuen Stereoanlage oder die Garantiekarte meines Aiwa-Stereowalkmans dort rein. Aber es war immer ein Ort für Besonderes. Im Laufe der Jahre muss ich gestehen, müllte die Mappe auch mit anderem Kruscht zu und irgendwann (um genau zu sein – vorletztes Jahr) fand ich in dieser schönen braunen Mappe nicht einmal mein Abiturzeugnis wieder.

Dafür befand sich etwas anderes in der Mappe. Eine Siegerurkunde. Sie stammt aus dem Jahr 1989 als der 1.FC Köln mit Christoph Daum den FC Bayern herausforderte. Just in der Woche des Spiels zwischen Köln und Bayern befand ich mich in Hellenthal auf Klassenfahrt. 75 Kinder irgendwo in der Eifel. Ein bisschen sowas wie Landurlaub. Der Ort hatte einen Kiosk, einen Bäcker und eine Hauptstraße. Was wir so gemacht haben, weiß ich gar nicht mehr. Ausflüge vermutlich. Ich kann mich noch an Cola-Fläschchen erinnern und die schrecklichen folgenden Ausdünstungen meiner Klassenkameraden. Naja und dann gibt es halt diese Urkunde.

Die Urkunde beschreibt ein Spiel, dass ich nur noch vage in Erinnerung habe. Was sicher ist. Die “a” spielte gegen ein Team der “b” und “c”. Ich war natürlich Teil der “a”. Das gute Team. Wir hatten ein paar erfahrene Recken in unseren Reihen, spricht Jungs, die im Fußballverein spielten, aber sogar auch ein paar Mädchen durften mitmachen. Die “b” und “c” waren größtenteils Holzer und Grätscher, die meist einen Kopf größer waren als wir.

Um das Spiel zu beschreiben, muss man erwähnen, dass auf dieser Klassenfahrt die Stimmung zwischen den Klassen nicht die beste war. In der 6. Klasse ist man froh, wenn man sich in seinem neuen Ökosystem zurecht gefunden hat. Also dem Ökosystem nach der Grundschule und sich mit den teils neuen Menschen und Lehrern angefreundet hat und dieses fragile Gebilde verteidigt man dann mit Klauen und Zähnen. Oder Zähnen und Klauen. Oder feuchtgelutschten Papierschnippseln in Strohhalmen. Dementsprechend waren die Zuschauer bei diesem Fußballspiel ziemlich aufgeheizt. Also wie 12-Jährige halt aufgeheizt sein können. Jede Aktion wurde bejubelt, beschrien und kommentiert. Hätten wir Feuerwerkskörper vor Ort gehabt, hätte sicherlich der DFB einschreiten müssen.

Das Team “b/c” ging schnell in Führung. Wir liefen eigentlich die ganze Zeit einem Rückstand hinterher. Der Platz war ein Aschespielfeld. Die Tore hatten die offiziellen 7,32m-Maße, was für uns natürlich viel zu groß war. Die Tore fielen im Minutentakt und der Größenvorteil der “b/c” machte sich immer wieder bemerkbar. So war es ein lustiger Sport der anderen Klassen, von der Mittellinie abzuziehen und unseren Zwergentorhüter so zu bezwingen und zu demütigen. Am Ende postierten wir immer noch 1-2 weitere Spieler im Tor. Während des Spiels gab es natürlich Verletzte. So manche Aschekrume musste am Abend aus aufgeschrappten Oberschenkeln herausoperiert werden.

Ich selber spielte lange Zeit keine Rolle in diesem Match. Irgendwie lief ich nebenher. Ich war immer der schnelle, kleine Läufer, der den Ball doch noch irgendwie abstaubte. An diesem Tag war davon nichts zu sehen.

Kurz vor Schluss, ich glaube wir lagen mit 2 oder 3 Toren zurück, hatten wir einen Einwurf. Jörg N. – einer der Erfahrenen – servierte mir den Ball direkt auf den Kopf. Ich war überrascht. Ich war alles andere als ein Kopfballungeheuer und doch landete der Ball im Tor. Niemand hatte es so richtig mitbekommen, aber der Ball war drin. Ich. Der 1,50m-Knirps. Ein Kopfballtor. Und der Startschuss für die Aufholjagd. Nur wenig später entstand ein Gewühl vor dem Tor des Gegners und Steffi W. bugsierte den Ball in die grünen Maschen des Tores und schaffte den unfassbaren Ausgleich. Welch Demütigung. Ein Tor durch ein Mädchen, doch damit nicht genug. Es folgte der größte und schillerndste Moment meiner gesamten Fußballerkarriere. Wieder ein Einwurf von Jörg. Dieses Mal aber nicht auf meinen Kopf, sondern irgendwie in meinen Rücken.

Ich ärgerte mich schon, aber ich fuhr mein kleines Beinchen aus und versuchte noch an den Ball zu kommen. Was wohl auch gelang. Denn als ich mich schon gefrustet in Richtung Jörg wenden wollte, riss dieser die Arme hoch und lief jubelnd auf mich zu. Ich hatte den Ball tatsächlich mit der Hacke durch Freund und Feind hindurch ins Tor befördert. Es war das letzte Tor in einem verrückten Spiel. Der Siegtreffer. Wie die großen Helden unserer Kindheit verließen wir den Platz in einer Traube von Mitschülern. Alle klopften uns auf die Schultern. Team “b/c” schwor indes Rache. Wir bekamen diese Siegerurkunde. Ein Männlein steht da – den Fuß auf den abgetrennten Kopf des unterlegenen Gegners abgestützt und natürlich waren alle Namen des siegreichen Teams darauf verzeichnet. Selbst gezeichnet von unserem Klassenlehrer.

Als ich diesen Text dann beendet hatte, fragte ich mich, wie es in Hellenthal wohl heute aussieht und ob es den Platz noch gibt. Ich fand ihn nicht. So wie es aussieht ist Gras über die Sache gewachsen.

PS. Bayern gewann damals in Köln 3:1. Roland Wohlfahrt erzielte 3 Treffer. Nach dem zwischenzeitlichen 1:1 erledigte Wohlfahrt die Geißböcke im Alleingang in den letzten 10 Minuten des Spiels.

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Fremdscham

Man kann den Trainer kritisieren. Man kann die Mannschaft kritisieren. Man kann auch den Vorstand kritisieren, aber was da in der BayArena gestern passierte, da setzt bei mir der Fremdscham ein. Die üblichen Probleme sind bekannt: Wenig Aktionismus in weiten Teilen des Stadions, Stimmung im Allgemeinen, gestern 24.000 Zuschauer undsoweiterundsofort. Aber dass man den Trainer als Hurensohn bezeichnet, da bleiben mir die Worte weg. Bei den ganzen Pfiffen bleiben mir die Worte weg.

Dabei war das gestern ein Fortschritt. Wenn man mal von 10-15 Minuten absieht, wo man das Gegentor beim 4:1 gegen Augsburg kassierte, waren da viele positive Ansätze zu sehen. Wenn das Gegentor nicht gewesen wäre, hätte sich niemand beschwert. Stattdessen sowas.

Die Dutt-Kritiker bekamen lange Zeit Nahrung für ihre Kritik. Da war außer den personellen Wechseln, nicht viel Außergewöhnliches zu sehen. Die Führung fiel nach einer Standardsituation, der Ausgleich nach Unordnung in der Abwehr. Nichts Neues soweit, aber dann folgten Dinge, die man lange Zeit nicht gesehen hat in Leverkusen. Herausgespielte Tore, Spielfreude, Kombinationen und so etwas wie ein Plan, wie man nach vorne spielt. Die Konsequenz waren die am Ende von der Anzeigetafel prangenden vier Tore. Gegen Augsburg, aber auch Augsburg muss erstmal bezwungen werden.

Um auch in Zukunft so spielen zu können, muss man das erstmal im Wettkampfbetrieb geschafft haben. Und das ist jetzt gelungen. Warum also nicht auch im nächsten Spiel gegen Köln? Mut machten auch die Einwechslungen gestern. Bellarabi kam, spielte ansprechend und hätte beinahe ein Tor erzielt. Ebenso Ortega. Da Costas Qualitäten in der Offensive sind bekannt, wenn er sich in der Defensive stabilisiert, dann kann er ein echter Leistungsträger werden.

Aus der Startelf kann man einige Namen herausnehmen. Die Innenverteidigung spielte sehr ordentlich zusammen und traute sich immer wieder zu Vorstößen über die Mittellinie hinweg. Schwaab hatte sogar die Chance zum 1:0 nach einer schönen Kombination mit Castro. Der wiederum eine sehr passable Partie im Mittelfeld ablieferte, ein Tor schoss und eines vorbereitete. Mehr davon.

Kießling traf zwei Mal. Schürrle nach Ewigkeiten auch mal wieder. Da dürfte es einige Spieler geben, die Kraft aus diesem Sieg schöpfen.

Einen weiteren Fortschritt bitte nächste Woche gegen Köln.

Fortschritt

Am Wochende Stillstand – unter der Woche Fortschritt. So ähnlich lautet das Fazit der letzten Tage. Im gestrigen Spiel der Leverkusener gegen den FC Barcelona war zu erkennen, dass die Mannschaft gewillt ist die Taktik des Trainers umzusetzen und ggfs. auch während des Spiels zu ändern. Man kann einen Gegner, wie den FC Barcelona 45 Minuten nahezu neutralisieren, aber man kann auch Chancen gegen den amtierenden Champions League-Sieger kreieren. Ein Element, dass bspws. im Spiel gegen den BVB völlig fehlte.

An was es leider noch hapert ist die individuelle Klasse. Die Tagesform einiger Akteure war nicht die Beste und an der Einstellung fehlte es auch dem ein oder anderen.

Individuelle Klasse. Was im Defensivverbund teilweise passiert ist hanebüchen. Natürlich – der Gegner ist der FC Barcelona, aber wenn man so lange so gut steht und dann durch dumme individuelle Fehler Tore kassiert, ist das bitter. Speziell über die Seite von Michal Kadlec (im defensiven Zusammenspiel mit Gonzalo Castro und Manuel Friedrich) kamen immer wieder Angriffe auf das Tor von Bernd Leno. Wenn Lionel Messi gegen Manuel Friedrich antritt, kann man sich schon mit der nächsten Großchance anfreunden.

Dem Mittelfeld fehlt es weiterhin an einem Gestalter. Renato Augusto hat der Mannschaft richtig gut getan, aber Stefan Reinartz und Simon Rolfes sind keine Akteure, die das Spiel an sich reißen und aus dem gesicherten Mittelfeld Angriffe initiieren. Ein weiterer kreativer Kopf und die Welt könnte in Leverkusen schon ganz anders aussehen.

Wo wir bei der Tagesform und Andre Schürrle wären, der zunächst Sturmspitze war. Das Talent blitzt immer wieder auf, aber dann ist der Ball schon wieder weg. Dem ehemaligen Mainzer würde vielleicht mal eine Pause ganz gut tun. Wir erinnern uns an Thomas Tuchel, der Schürrle letzte Saison ganz bewusst mal ein paar Spiele Pause verordnete und dass obwohl er in Form war.

Die Einstellung. Das Kaninchen vor der Schlange in der ersten Hälfte. Barcelona schiebt den Ball hin und her, Leverkusen kommt immer einen Schritt zu spät. Hat man den Ball dann doch mal erobert, schlägt man den Ball nur raus. Knapp über 50% erfolgreicher Pässe in der ersten Hälfte – das ist zu wenig. Und dass es anders geht, sah man in Hälfte 2.

Einstellung betrifft aber auch so etwas wie Trikotwechsel. Wenn ich mich in der Halbzeit schon damit beschäftige, wie ich an das Trikot von Lionel Messi komme, dann ist doch was schief gelaufen, oder die Herren Friedrich & Kadlec?

Einstellung betrifft weiterhin auch die Zuschauer. Gestern war gute Stimmung im Stadion, jedoch frage ich mich immer wieder, wie man im Fußballstadion dafür angepöbelt werden kann, wenn man aufsteht um das Spiel zu verfolgen, zu feiern oder mitzufiebern?

An sich kann die ganze Mannschaft nur aus solchen Spielen lernen. Sie kann das Selbstvertrauen mitnehmen, dass man auch gegen große Mannschaften gar nicht schlecht aussieht und sogar Druck auf diese Teams ausüben kann. Samstag kommt Augsburg. Hoffentlich ist der Name nicht zu klein.

Stillstand

Ich hätte wirklich gerne eine ausführliche Analyse des 0:1 gegen Borussia Dortmund angeboten. Mit Stimmungsbericht. Aussichten. Wird der Trainer bleiben? Erreicht er die Mannschaft? Woran hapert es? Schafft die Werkself noch die Champions League? Fragen über Fragen hätte ich gerne beantwortet, doch im Moment habe ich das Gefühl, dass ich einfach nur im Dunkeln stochere. Die eine Woche geht es einen Schritt vorwärts, dann wieder zwei zurück.

Dann gibt es Knatsch im Team und mit dem Trainer, dann sind wir wieder alle beste Freunde. Zwei Stürmer. Ein Stürmer. Ein Spielsystem. Noch ein Spielsystem. Mal ein Nachwuchsspieler rein, dann ist der wieder verbrannt. Der Vorstand und die Verantwortlichen. Was passiert da und was muss sich ändern? Muss das Team umgekrempelt werden? Braucht noch jemand Rolfes und Castro? Was macht eigentlich unser ehemaliger Nationalkeeper Rene Adler und warum spricht niemand mit ihm? Wie gesagt Fragen über Fragen.

Diese Woche hab ich es aufgegeben. Ich werde mir die nächsten Spiele der Werkself anschauen. Morgen sogar live vor Ort gegen Barcelona. Vielleicht wird das wieder ein Aha-Erlebnis und sonst schnuppert man einfach nur die Luft der großen europäischen Bühne. Die Wochen werden ins Land ziehen und wenn sich nicht bald was ändert, wird man nicht mal Euro-League spielen und ich weiß nicht, ob Robin Dutt dann noch Trainer ist. Wann passiert endlich was?